Chris Lockingen

Folge 18

IT und Selbsthilfe haben mein Leben gerettet.

Mit Chris Lockingen, IT-Consultant, Leitung ADHS-Selbsthilfe Bremen und Spektrum-Störung e.V.

Erscheinungstermin: 15.07.2025, Autorin: Mirjam Rosentreter

Vorweg ein paar Hinweise: In unserem Podcast reden wir über Dinge, die vielleicht bei euch etwas anstoßen. Bitte beachtet:

Unsere Gespräche geben persönliche Erfahrungen wieder und erfüllen keinen wissenschaftlichen Anspruch. Das Hören oder Lesen unseres Podcasts ersetzt keinen Besuch in einer Praxis oder Beratungsstelle. Fühlt euch ermutigt, offen auf Menschen in eurem Umfeld zuzugehen. Oder sprecht Fachleute in eurer Nähe an.

Rückmeldungen könnt ihr über hallo@spektrakulaer.de an uns richten. Oder ihr kontaktiert uns auf unserem Instagram-Kanal @spektrakulaer_podcast. Gerne versuchen wir auf Themen einzugehen, die Euch interessieren. Persönliche Fragen zu Diagnostik oder Therapie können wir leider nicht beantworten.

Im folgenden Abschnitt haben wir für euch unsere Sprachaufnahme transkribiert, also verschriftlicht. Als Text aufgeschrieben ist gesprochene Sprache nicht immer ganz korrekt und eindeutig verständlich. Das Manuskript entspricht auch nicht einem journalistisch überarbeiteten Interview.

Dieser Podcast ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt.

Wenn ihr uns oder unsere Gäste irgendwo zitieren wollt, bleibt fair: Achtet auf den Gesamtzusammenhang und denkt bitte immer an die Quellenangabe.

Im Zweifel gilt die schöne alte Regel: Lieber einmal mehr nachfragen.

Vielen Dank für eure Neugier und euer Verständnis!

Mirjam & Marco

Transkript zu Podcast Folge 18, erschienen am 15.07.2025,

mit Chris Lockingen und den Hosts Mirjam Rosentreter und Marco Tiede

Autorin: Mirjam Rosentreter

Hinweis: Der Text wurde behutsam redaktionell überarbeitet. Ziel ist es, das spontane Gespräch möglichst natürlich wiederzugeben. Deshalb dürfen sprachliche Ungenauigkeiten bleiben. Damit sich der Text leichter lesen lässt, ist die Zeichensetzung angepasst. Sie berücksichtigt die Sinneinheiten und Pausen, wie sie im Mündlichen typisch sind. Das heißt: Statt langer Bandwurmsätze gibt es öfter mal einen Punkt. Oder auch drei, wenn jemand kurz nachdenkt oder nach den richtigen Worten sucht. Dann kann ein angefangener Satz auch mal einfach ab… Und nun, viel Freude beim Lesen!

0:00:00

Intro

Musik

Sprecher: Spektrakulär. Eltern erkunden Autismus.

Mirjam Rosentreter: Hallo, mein Name ist Mirjam Rosentreter. Ich bin Journalistin, Mutter eines Sohnes im Autismus-Spektrum. Und ich mache das hier nicht alleine. Bei mir ist Marco Tiede..

Marco Tiede: Moin! Ich bin auch Vater eines Jungen im Spektrum. Und ich arbeite als Therapeut und auch als Berater.

Mirjam Rosentreter: Es gibt zu dieser langen Version unseres Podcasts auch eine kurze, den Kurz-Pod. Ein Manuskript zu dieser Folge findet ihr auf unserer Seite spektrakulaer.de.

0:00:39

Sprecherin: Heute mit Chris Lockingen, IT-Consultant, Selbsthilfeleitung ADHS HB und Spektrum Störung e.V.

Mirjam Rosentreter: Hallo, herzlich willkommen. Marco, hallo.

Marco Tiede: Ja,Moin!

Mirjam Rosentreter: Hallo, Chris.

Chris Lockingen: Hallo und danke, dass ich hier sein darf.

Mirjam Rosentreter: Und hallo ihr, die ihr uns zuhört. Heute erwartet euch eine Folge, die eventuell sehr schöne Nebengeräusche hat, weil es regnet. Aber so eine Regendauerschleife im Hintergrund kann ja ganz schön sein, oder?

Marco Tiede:

Ja, wenn man drin sitzt, ist es beruhigend, ja.

Mirjam Rosentreter: Ja, ich hoffe es stört euch nicht beim Zuhören. Wir können ja mal kurz leise sein. Wie laut ist es denn gerade? (Pause, leises Regengeräusch) Manhört es ganz leicht. Okay.

Ja, Chris! Wir haben dich, genau wie unseren letzten Gast, Jochen Gertjejanßen, auf dem Neurodivergenz-Fachtag in Bremen kennengelernt im Mai. Und da sind wir uns quasi direkt in die Arme gelaufen. Und haben uns einander vorgestellt, Flyer ausgetauscht. Du hast vor fünf Jahren die Leitung der ADHS-Selbsthilfe in Bremen übernommen. Und bist nicht nur im ADHS-Spektrum, sondern auch im Autismus-Spektrum. War dir das denn schon klar, als du damals diese Leitung übernommen hast?

00:01:52

Chris Lockingen: Ja, das wusste ich beides.

Mirjam Rosentreter: Was hat dich denn zu dem Zeitpunkt dann vor fünf Jahren dazu bewogen, zu sagen: Ja, das mache ich jetzt?

Chris Lockingen: Die Antwort ist ein Tückchen länger. Ich habe selbst gemerkt, nachdem ich am Boden lag und dadurch völlig energielos gewesen bin. Das heißt, wir sind oftmals erst dann gesehen, wenn wir funktionieren. Wenn wir das Haus verlassen. Der Autist, der zu Hause bleibt, wird in der Öffentlichkeit kaum gesichtet. Und (ich) habe dann am Boden liegend gemerkt, wie schlecht das Hilfsangebot für Personen ist, die dringend Hilfe benötigen. Und habe daraufhin meine Kenntnisse aus der IT immer weiter in die Selbsthilfe getragen und da aufgebaut.

Mirjam Rosentreter: Du bist IT-Senior-Consultant. Kannst du kurz sagen, was das ist?

0:02:43

Chris Lockingen: Ich habe ursprünglich Entwickler, also Programmierer gelernt. Den Administrator, Datenschutz, Projektleitung und noch ein bisschen was draufgesetzt. Und irgendwann kommt ein Paket heraus, mit dem man Firmen berät. Also bei Umstellungen, Migrationen, bei Neuerstellungen, solche Dinge.

Und das war gutes Geld, aber auch sehr, sehr viel Zeit.

Ich habe erst, um die beiden Themen direkt zu verbinden, erst später gemerkt, dass ich ein gewisses Energiekontingent jeden Tag habe: Vielleicht drei oder vier Stunden, an denen ich sehr hochfunktionell bin. Und erst danach in so ein Down falle sozusagen. Und dann auch dementsprechend brauche, Zeit brauche, um zu regenerieren.

0:03:25

Und das habe ich nirgendwo richtig gefunden. Dass das irgendwo steht, dass man als ADHSler, als Autist, auf sein Energiemanagement achtet. Und habe daraufhin erstmals die ADHS-Selbsthilfegruppe besucht. Und das fand ich so gut, dass ich die inzwischen leite. Und so ist das gekommen.

Mirjam Rosentreter: Und warum hast du es übernommen? Also gab es da Schwierigkeiten, jemanden zu finden, der sich das zugetraut hat?

0:03:52

Chris Lockingen: Es ist unheimlich schwierig, Leute zu finden. Die sehr viel Verantwortung, sehr viel Zeit investieren und dafür mit null Euro im Ehrenamt rausgehen.

Und das ist eigentlich auch das Hauptproblem in diesem Sektor. Dass zum Beispiel bei Suizidalität, bei Drogenabhängigkeit oder anderen Süchten – das muss nicht stofflich sein, das kann ja auch eine Mediensucht sein oder ähnliches – dass es da kaum, vor allem kurzfristige Hilfsangebote gibt. Ein Therapieplatz aktuell dauert zwei bis drei Jahre jetzt, also die Wartezeit. Jetzt bieten wir natürlich keine Therapieplätze an. Das können wir nicht, das dürfen wir auch nicht. Und das wollen wir auch nicht. Aber wir bieten die Möglichkeit an, sich zu vernetzen. Und mit Gleichgesinnten zu unterhalten, auszutauschen. Und hoffentlich dadurch vielleicht einen Weg Richtung Horizont wieder zu entwickeln. Also etwas positiver den Weg dort zu gestalten, bis man die Hilfe erhält.

Mirjam Rosentreter: Ist ja im Grunde auch unser Anliegen, Marco, mit unserem Podcast. Dass wir da so eine Lücke schließen.

0:04:47

Marco Tiede: Ja, beziehungsweise die Schilderung, die du gerade ausgeführt hattest. Das Gefühl, das Hilfenetz war unzureichend, hatte ich ja auch vor 16 Jahren, als ich den Elternkreis mit dem Kollegen damals begründet habe. Und ich merkte, die Eltern stehen da auch auf weiter Flur allein. Und fühlen sich oft bevorwurft und komisch und verkehrt. Und sonst wie schuldig und beschämt. Also das ganze Programm. Und es gab ja so diesen Ausschlag, dann diesen Elternkreis zu gründen, der jetzt inzwischen auch zur Selbsthilfegruppe gewachsen ist.

0:05:27

Chris Lockingen: Es hat mir wirklich ehrlich gesagt nichts weiter geholfen bisher, besser, als mich sehr intensiv damit zu beschäftigen. Ich finde, das ist ein super guter Skill: Wissen aufzubauen in dem Sektor, was man hat. Und da ist natürlich die Leitung einer Selbsthilfegruppe oder zumindest in die Leitung (zu gehen) – man muss sie ja nicht komplett allein leiten. Wir sind ein paar Leute mehr inzwischen. Aber das Wissen anzuhäufen. Und dadurch mehr Verständnis für sich selber aufzubauen. Dadurch Perspektive aufzubauen, Skills zu haben. Das war für mich so ein richtiger Plottwist im Leben. Und ich habe daraufhin gesagt: Ich gehe vom Geld weg sozusagen, aus der IT und gehe wirklich nur noch in die Selbsthilfe.

0:06:00

Mirjam Rosentreter: Und du hast dadurch ja quasi auf dein Selbstwertkonto eingezahlt.

Chris Lockingen: Ja, das hast du schön getroffen. Stimmt, ja. Fühlt sich auch gut an.

Mirjam Rosentreter: Wie würdest du in einem Satz zusammenfassen, was sich in deinem Leben dadurch geändert hat? Dass du dich dazu entschlossen hast, das zu machen?

Chris Lockingen: Ich denke, zuvor war ich als Workaholic unterwegs. Und habe meine Ziele sehr, sehr gut erreicht. (Ich war) auch für mehrere Projekte gleichzeitig tätig, hatte Teams von 20, 30 Leuten, die ich mit koordiniert habe. Das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Ich möchte nichts Negatives darüber sagen. Das war schön.

Aber es war das Verheiratetsein mit dem Monitor. Und jetzt sind viele, viele Menschen in mein Leben getreten. Und ich erfahre auch sehr, sehr viel Dankbarkeit dafür. Dass es überhaupt diese Hilfsangebote gibt generell. Wo ich mich an dieser Stelle bei jeder Person im Ehrenamt einmal wirklich bedanken möchte, dass ihr das macht.

0:06:55

Mirjam Rosentreter: Ihr seid 2013 noch als reine ADHS-Selbsthilfe gestartet. Und mittlerweile ist daraus ja eine große Spektrum-Selbsthilfe-Geschichte geworden. Also die auch Menschen im Autismus-Spektrum eben mit einbezieht. Und gerade hast du für eure Gruppen auch noch ein Dach geschaffen. Also, ihr habt einen Verein gegründet: Spektrum Störung e.V. Warum hast du gerade diesen Titel gewählt?

Chris Lockingen: Wir sind für Jugendliche und Erwachsene da. Und wir haben spektrum-stoerung.de e.V. gegründet, um unabhängig von irgendwelchen sonstigen öffentlichen Sponsoren zu sein. Sondern eher das aus der Privatwirtschaft zu entnehmen, natürlich gegebenenfalls zu ergänzen. Wir machen das an mehreren Standorten in Deutschland. Und da uns überall die Regeln aufgedrückt worden sind…

Ich könnte eine Regel nennen, wenn ihr möchtet, die mir da etwas aufgestoßen hat: Ich finde Bremen toll und es ist total schön, dass wir irgendwelches Geld erhalten. Was ich nicht als optimal empfunden habe, war die Regel, dass wir von Bremen das Geld bekommen und somit nur für Bremer dieses Hilfsangebot machen durften. Das heißt, es waren Leute aus Oldenburg dabei, die hätten wir theoretisch abweisen müssen. Ich habe ihnen dann einfach gesagt, dass wenn sie an diesen Abend gefragt werden, sie heute Abend Bremer sind. Und habe da auch aufgeklärt. Aber streng genommen ist das Grauzone und hätte so nicht sein sollen. Mit dem e.V. dürfen wir jetzt ganz offiziell für alle. Also auch aus München darf man zu uns kommen.

Das kriegen wir jetzt alles hin und sind damit viel breitflächiger aufgestellt. Ich erfahre auch sehr, sehr viele Personen, die im Segment bereits unterwegs sind. Also die im Coaching sind oder sogar Ärzte, die sich das durchaus einmal anhören. Wo ich auch sehr meinen Hut vorziehe. Dass Personen, die selbst nicht im Neurodivergenten-Spektrum sind, einfach einmal solch eine Veranstaltung, z.B. unseren Starterkurs, in dem viel Aufklärungsarbeit geschieht, besuchen und danach ganz gezielt Fragen stellen können, um es besser zu verstehen. Ich muss wirklich sagen, das trifft mein Herz im sehr positiven Sinne, Menschen zu finden, die selbst nicht betroffen sind, sich informieren wollen, um eine bessere Hilfe gestalten und anbieten zu können.

0:09:06

Marco Tiede: Der Starterkurs, was beinhaltet der genau? Also geht es da um die Strukturen der Selbsthilfegruppen? Oder eher auch um Inhalte, das Verständnis für diverse Spektren, für das neurodivergente Spektrum?

Chris Lockingen: Wir bieten zum einen eine Aufklärungsarbeit an über ADHS und Autismus. Also: Was ist das eigentlich? Und was habe ich da schönes vererbt bekommen? Was kann ich damit anfangen? Es wird sehr, sehr oft negativ konnotiert. Dass also gesagt wird: Man ist sehr zappelig. Und die Impulskontrolle leidet. Das Kurzzeitgedächtnis ist schlecht. Aber es bringt auch sehr positive Dinge mit sich: Wie einen Hyperfokus, einen sehr hohen Empathiegrad. Der natürlich – es ist ein Spektrum – also immer unterschiedlich ausgeprägt sein kann.

Und das Zweite ist dann, dass wir den Personen, also den Anwesenden erklären, wie sie bei uns die einzelnen Gruppen besuchen können. Und welche Hilfsangebote es gibt. Stand jetzt 2025 sind wir bei 14 Vorortgruppen und 40 Onlinegruppen.

0:10:11

Mirjam Rosentreter: Du meintest auch, über Chatgruppen erreicht ihr mittlerweile mehr als 20.000 Leute. Das ist richtig. Was du gerade noch meintest, wenn ihr über ADHS aufklärt, in diesen Startergruppen, ist dann Autismus auch Teil der Aufklärung schon?

Chris Lockingen: Ja, also Autismus ist auf jeden Fall auch Bestandteil. Insbesondere die Differenzierungsmerkmale zwischen ADHS und ASS. Wäre wahrscheinlich einen separaten Podcast wert. Weil das wirklich bei uns unheimlich oft gestellt wird. Und wir teilen uns ja Komorbiditäten wie z.B. Depressionen. Die haben wir alle geschenkt bekommen, vielen Dank dafür. (schmunzelt) Und müssen jetzt gucken, wie wir damit umgehen sollen.

Ansonsten ist praktisch in der Startergruppe die Aufklärung: Wie komme ich eigentlich an die Gruppen ran? Sowohl online als auch vor Ort. Und welche Skills kann ich aufbauen, um besser mit meinen Problemen und vielleicht auch mit meinen Fähigkeiten umzugehen. Wenn ich merke, ich habe 3-4 Stunden z.B. am Tag einen Hyperfokus, kann also auf alles Mögliche sehr stark fokussieren. Dann ist es ja etwas sehr Positives. Ich muss nur bedenken, dass ich nach diesen 3-4 Stunden dementsprechend Auszeit brauche.

Mirjam Rosentreter: Das ist dann der Autist in dir?

Marco Tiede: Naja, wobei der Hyperfokus ist eben auch ein hochenergetischer Zustand. Der einfach sehr viel Energie verbraucht. Aber wenn ich das richtig verstehe, eure Startergruppe stellt also so eine Mischung dar: Aus Einblick in die Strukturen, also welche Gruppe passt jetzt zu meinen Anliegen. Und der grundsätzlichen Kurzaufklärung über Klischees von ADHS und Autismus-Spektrum.

Chris Lockingen: Wir haben grundsätzlich den Fokus auf ADHS bei uns in der Gruppe, haben aber eine Themengruppe. Also die Startergruppe ist eher ADHS bezogen. Es gibt aber eine Themengruppe, die auch direkt ASS, also Autismus, heißt. Und wir müssen immer bedenken, dass es eine Spektrum-Störung ist. Das heißt, die Ausprägung bei jeder Person völlig unterschiedlich ist. So dass die Tipps, die wir geben, ich sage dann immer so etwas wie: Es ist ein Buffet. Bedient euch an dem, was für euch passt. Was für euch schmeckt. Es wird nicht alles für jeden passen. Und das funktioniert eigentlich recht gut.

Marco Tiede: Gut, ja.

Chris Lockingen: Für mich selber, möchte ich kurz ergänzen noch, ist es sehr lustig: Jeden Tag aufzustehen und zu merken, in welchem Modus laufe ich eigentlich gerade? Bin ich der Autist, der eher auf Sachebene ist? Der dann Formulare liest und guckt, was da so richtig und nicht so ist? Oder bin ich eher in dem ADHS-Segment drin? Der sehr, sehr empathisch ist und sehr, sehr gerne mit Menschen umgeht? Also der Autist ist eher alleine zu Hause, macht die Tür zu. Der ADHSler da draußen sagt: Hey, hier bin ich! Wer noch?

0:12:35

Marco Tiede: Also in deinem Fall jetzt. Weil, im Autismus Spektrum gibt es ja auch diese empathische Öffnung. Und oft ist es ja so, dass das dann häufig auch noch zur Reizüberflutung führen kann, diese empathische Öffnung. Aber das kennst du dann wahrscheinlich ja auch. Wenn sich dann diese beiden Dimensionen treffen.

Chris Lockingen: Ja. Und um es halt noch ein bisschen lustiger zu machen, tauschen die sich ja auch mehrfach am Tag! Die geben sich ja mehrfach am Tag einen Schlagabtausch, ja. Das heißt für eine dritte, außenstehende Person, die muss ja denken: Was wechselt der da ständig? Das sind ja zwei Menschen irgendwo. Der eine ist halt eher verschlossen, will seine Ruhe haben. Der andere geht halt nach draußen und schreit in die Welt.

0:13:11

Marco Tiede: Und vermutlich ist das ja auch nicht so ein harter Cut zwischen den Wechseln. Sondern das ist ja immer gleichzeitig stattfindend, ne? Denke ich mal. Nur eins hat ein bisschen mehr Präsenz nach vorne, so.

Chris Lockingen: Absolut, ja.

0:13:27

Mirjam Rosentreter: Wollen wir da vielleicht noch mal kurz ein bisschen mehr in die Tiefe steigen? Du hast ja gesagt, das Thema Differenzierung zwischen Autismus und ADHS ist eigentlich eine ganze Folge wert. Aber ich habe hier extra das Buch noch mitgebracht. Hier aus dem Standardwerk von Tebartz van Elst ist hier ein Artikel von Andreas Riedel. Psychiater, inzwischen als leitender Arzt in Luzern. Der mal so eine Tabelle gemacht hat mit wichtigen Anhaltspunkten. Um das voneinander zu differenzieren. Also wenn wir wollen, können wir dann noch ein bisschen tiefer einsteigen. Ich weiß nicht, ob wir dann jetzt zu weit weg gehen. Also das ist jetzt so eine Stelle, wo ich glaube.

Marco Tiede: Das ist dann die Entscheidung der Moderation, würde ich sagen.

Mirjam Rosentreter: Ja, mir fiel auch gerade noch was anderes ein, also, okay.

Marco Tiede: ADHS-Dimensionen aller Orten, wo man nur hinschaut und hinhört. (lacht)

Mirjam Rosentreter: Oder einfach Neurodivergenz. Du hast ja auch noch HB erwähnt, Hochbegabung bei dir. Als du hier an die Tafel geschrieben hast. So, Cut. Chris! Wie geht es dir denn jetzt gerade in diesem Moment?

0:14:30

Chris Lockingen: Ich bin relativ ruhig, ich freue mich auf das, was hier passiert, fühle mich sehr, sehr warm hier begrüßt. Es ist sehr sehr schön bei euch und bin gespannt, was du noch für Fragen hast.

Mirjam Rosentreter: So, ich moderiere das jetzt einfach noch mal professioneller an. In dem Regelwerk, nach dem sich Psychiater und Therapeuten richten sollten, dem ICD-10 oder jetzt auch ICD-11. Ich glaube, das ist immer noch nicht richtig in der deutschen Übersetzung erhältlich. Da wird das ja beschrieben, dass das häufig gemeinsam vorkommt. Also Menschen, die autistisch sind, sind gerne auch mal im ADHS-Spektrum und umgekehrt. Und Andreas Riedel hat Anhaltspunkte dafür aufgeschrieben, wie man das so im Einzelnen differenzieren kann. Da würde ich gerne mit euch noch mal kurz reingucken.

Hier steht zum Beispiel ein Punkt, der oft im Elternkreis-Thema ist. Bei den Menschen mit Autismus: „Schwierigkeiten, Lügen intentional einzusetzen.“ Auf der einen Seite. Und auf der anderen: „eher keine Probleme, Lügen intentional einzusetzen.“ Du hast aber gerade die Wahrheit gesagt, oder? Dass du dich hier wohlfühlst? (schmunzelt)

Chris Lockingen: Ich weiß gar nicht, welche Seite du zuerst vorgelesen hast, ob ADHS oder… Also, ich meinte das wirklich ehrlich gerade.

Marco Tiede: Die Autismus-Seite war die, wo Lügen Schwierigkeiten gab.

Mirjam Rosentreter: Ja.

Marco Tiede: Wo wir Eltern dann beglückwünschen. Wenn das Kind anfängt zu lügen, sagen wir: Das ist ein Erfolg!

Chris Lockingen: (leise) Das soll doch nicht lügen.

0:15:52

Mirjam Rosentreter: Ja, oder hier taucht auch die Fokussierung auf. Auf der ASS-Seite, Autismus-Spektrum-Störung: „fehlende Fokussierung oder Hyperfokussierung.“ Und auf der ADHS-Seite: „eher Suche nach Reizen und Ablenkung.“ Kannst du das bestätigen? Oder pendelst du dazwischen?

Chris Lockingen: Beides. Also es ist so: Der ADHSler möchte am liebsten die ganze Zeit Autobahn, also nicht Autobahn, Achterbahn fahren. Und möchte praktisch einen Dopaminkick nach dem anderen sich abholen. Der will immer noch mehr Informationen, noch mehr fluten. Und hat auch eine ganz andere Sensorik entwickelt. Behaupte ich jetzt.

Der Autist ist eher, und dafür sind Autisten für mich sehr, sehr stark: auf Sachebene unterwegs. Das macht sie relativ schwierig emotional angreifbar. Natürlich brennen wir uns aber gegenseitig trotzdem auch aus. Also nicht nur wir gegenseitig. Sondern die Masse uns auch. Weil wir uns in ein System pressen müssen, das für uns nicht geschaffen worden ist.

0:16:50

Marco Tiede: Aber um vielleicht bei der Achterbahn-Analogie zu bleiben. Während der ADHSler dann jeden Abhang und jeden Dopaminschub feiert, steht dann der Autist eher daneben und analysiert: Wie viele Bunnyhops und wie viele Kurven und wie viele Loopings das Ding hat. Und wie es gebaut ist und so. Ob es eine, keine Ahnung, ein Wing Coaster oder so ein Accelerator ist. Also so eine Beschleunigungs-Achterbahn. Also versucht das alles eher zu analysieren, wie die Dinger aufgebaut sind.

Mirjam Rosentreter: Ja, ein Punkt hier ist noch interessant und vielleicht eine kleine Diskussion würdig. Bei ASS schreibt Riedel hier: „soziale Normen werden nicht verstanden.“ Und bei ADHS: „soziale Normen werden verstanden, aber impulshaft missachtet.“

Marco Tiede: Das ist sehr schematisch, wie er das so schreibt, ehrlich gesagt. Ich weiß nicht, wie du das empfindest?

0:17:47

Chris Lockingen: Ich stimme voll zu, was er schreibt!

Marco Tiede: Ja? Okay.

Chris Lockingen: Den ADHSlern sind die Regeln bekannt. Aber die sind auch sehr fuchsig darin, die Ausnahme zu finden. Der Autist, wenn er die Regeln nicht versteht, wird er sie nicht beachten. Wenn ich sage: Warum soll ich einen Regenschirm haben? Ich brauche keinen! Mir macht das Wasser nichts aus! Wird er niemals einen Regenschirm nehmen. Der ADHSler wird sich vorbereiten und sagen: So schlimm ist nicht, ich lass ihn weg.

Das ist jetzt ein hinkendes Beispiel… (schmunzelt)

Mirjam Rosentreter: Das ist gerade heute an diesem Regentag sehr gut nachvollziehbar.

0:18:17

Chris Lockingen: Ganz kurz noch die Ergänzung. Es gibt ja, was du schon gesagt hattest, es gibt ICD-10 und ICD-11. Und wir hatten eine Übergangsphase von vier Jahren. Wo es zuvor ja exklusiv entweder ADHS oder ASS gab. Jetzt ist es gegenseitig als Komorbidität eingetragen. Das ist schon mal sehr gut. Man darf also beides haben. Juhu, ein bunterer Blumenstrauß! Und das Problemchen ist jetzt einfach: Dass wir drei von den vier Jahren Übergangszeit inzwischen hinter uns haben, sich vieles im ICD-11 zum Positiven gewandt hat, was die Diagnostik angeht. Aber wie du gerade schon gesagt hast: Es ist immer noch nicht vollständig übersetzt ins Deutsche. Das heißt, super viele Praxen – und ich möchte bitte niemanden hiermit angreifen – diagnostizieren laut ICD-10. Und dem muss man dann erstmal erklären, dass auch beides wirklich zulässig ist. Wissen die auch inzwischen. Also die sind ja inzwischen gut aufgestellt. Und da gibt es auch Netzwerke, die sie informieren. Aber ich würde mir natürlich wünschen, dass wir grundsätzlich immer nach ICD-11, also nach dem neuesten Standard diagnostizieren würden. Und dann auch gleich beides. Es macht für mich eigentlich auch gar keinen Sinn, nur eines der beiden zu diagnostizieren. Sondern zu jeder ADHS-Diagnose gehört eine ASS-Diagnose und andersherum.

Marco Tiede: Also eine Testung meinst du dann? Dass man erstmal durchtestet, ja?

Chris Lockingen: Stimmt! Hast mich erwischt. Ich meine keine Diagnose, sondern (Diagnostik).

0:19:26

Marco Tiede: Interessanterweise hantieren die Ämter ja auch immer noch nach dem ICD-10. Also das ist skurril.

Mirjam Rosentreter: Ich würde gerne mit dir jetzt einmal kurz ein bisschen in deine Lebensgeschichte eintauchen. Damit wir noch besser verstehen, warum du das heute machst, was du machst. Wie du dahin gekommen bist.

Chris Lockingen: Ja.

Mirjam Rosentreter: Aber du möchtest noch was ergänzen zu dem? Und ich auch noch. ich hatte auch noch eine Frage. So, Moment, jetzt sortieren. Und zwar: Dir geht das Wort Störung so leicht über die Lippen. Hast du da – also das haben wir bei anderen Gästen erlebt, dass sie einfach konsequent einfach von Autismus sprechen und Autismus-Spektrum-Störung für sie einfach negativ besetzt klingt. So, als hätte der Mensch ein Problem und nicht ein Problem mit seiner Umwelt.

0:20:13

Chris Lockingen: Ja, also ADHS und auch Autismus erzeugt einen sehr hohen Leidensdruck. Der Leidensdruck ist so hoch, dass wir qualifiziert einen GDB, einen Grad der Behinderung, beantragen können. Das geht bis zum Schwerbehindertenausweis. Und den bekommen wir nicht, weil es uns so besonders gut geht. Sondern den bekommen wir, weil wir behindert sind. Und das ist wirklich sehr schwer am Anfang zu schlucken: Sich selbst als behinderte Person zu sehen. Da man ja keine dauerhafte kognitive Einschränkung hat, die man selber spürt. Man spürt zum Beispiel nur dieses Energiemanagement. Das ist aber eben so exorbitant ausgeprägt. Ich kann mich innerhalb von einer halben Stunde so ausbrennen, dass ich für den ganzen Tag keine Energie mehr habe. Und dann liege ich nur noch rum. Und das ist schon eine sehr große Einschränkung, die nicht mit irgendwelchen 40-Stunden-Wochen zu vereinbaren ist.

Also ja, das ist viel stärker in der Einschränkung. Und ich will es nicht verharmlosen, als es eigentlich auf Papier dargestellt wird. Denn auch die Emotionalität ist sehr, sehr polar. Im ADHS-Sektor würde ich sagen: Uns fehlt die Mitte. Wir sind entweder übererregt oder untererregt, sind die klinischen Worte. Und die Mitte fehlt uns gänzlich.

0:21:20

Mirjam Rosentreter: So begrüßt ihr ja sogar auf eurer Seite die Leute, wo war der Satz im Begrüßungstext? „Lieber über- oder untererregter Mensch, uns fehlt die Mitte.“ Ja, damit erklärt. Was wolltest du gerade noch sagen? Du hast kurz gezuckt, bevor ich angesetzt habe.

Chris Lockingen: Danke, dass du darauf zurückkommst. Ich hätte sonst verzichtet. Aber ich kann mal ganz kurz die Raten erzählen von der Vererbung. Die werden immer wieder angefragt. Es gibt ja inzwischen erste Zahlen, die gibt’s schon eine Weile. Wenn ein Elternteil betroffen ist, und wir unterhalten uns erst mal über Neurodivergenz in Bezug auf ADHS.

0:21:54

Chris Lockingen: Ein Elternteil heißt, ungefähr 30 Prozent der Kinder sind betroffen. Beide Elternteile heißt, 80 Prozent Vererbungsrate. Mhm. Das ist natürlich wirklich sehr, sehr viel. Und das Lustige ist noch, und das muss ich jetzt einfach ergänzen, weil’s Spaß macht, das zu hören: Dass ja ganz oft Menschen sich mit anderen Menschen sehr gut verstehen. Und im Nachhinein drauf kommen: Wir sind beide neurodivergent! Womit wir dann eher bei den 80 als bei den 30 sind in vielen Fällen.

Mirjam Rosentreter: Ja, das würde auch erklären, dass viele Eltern beobachten: Es nimmt zu. Aber sie sind sich vielleicht einfach sympathisch mit den anderen Eltern. Die dann auch Kinder im Spektrum haben.

Chris Lockingen: Sie riechen ähnlich irgendwie.

Marco Tiede: Und sind selbst in der Neudivergenz. Also das ist so, wie so eine, ja, diese sprichwörtliche Wellenlänge, ne? Auf der man dann sich so trifft.

0:22:41

Mirjam Rosentreter: Stichwort, um eintauchen zu können in deine Kindheit. Du hast, ich glaube, das war im Elternkreis, hast du hast du zu mir gesagt: „Ich war ein Kellerkind. Und habe irgendwann gemerkt, ich brauche Menschen.“ Das klingt ja wie, wenn dein Leben ein Film wäre. Wie muss man sich die erste Szene vorstellen?

Chris Lockingen: Ich war auf jeden Fall dauerhaft, um bei diesem Wort zu bleiben, sehr übererregt. Das heißt, ich bin den Leuten sehr auf den Zunder gegangen. Und war ein sehr, sehr hyperaktives, sehr forderndes Kind an diesen Stellen. Das war mit Sicherheit für meine Eltern nicht gerade die einfachste Version. Und ich habe dann irgendwann mit acht Jahren angefangen, mich an den PC zu setzen. Mein Vater ist Lehrer gewesen. Der hat dann, um sich weiterzubilden, einen PC nach Hause bekommen. Damals noch ein Apple.

Und im Rahmen dessen hat er den eigentlich nicht wiedergesehen.

Sondern ich habe dann einfach angefangen, mich damit immer weiter zu beschäftigen. Und das hatte den Vorteil, dass ich an diesem Gerät saß, voll meinen Fokus darauf ausleben konnte. Und mich sehr wohl, sehr bestätigt gefühlt habe. Ich hatte ein Erfolgserlebnis nach dem anderen. Ich hatte das Dopamin, was ich mir daraus ziehen konnte. Und das ist immer weitergegangen. Das hat so eine eigene Dimension angenommen.

0:23:53

Mirjam Rosentreter: Waren deine Eltern denn damit einverstanden? Oder weißt du, dass sie sich Sorgen gemacht haben?

Chris Lockingen: Also ich weiß, dass ich erstens irgendwann mal bei der AOK eine Prüfung hatte oder bei einer Krankenkasse. Und dort bei der Krankenkasse gesagt habe: Hey, ich kann nicht aufhören! Wenn ich ein PC-Problem habe, ich muss das lösen! Ich kann nicht aufhören, wenn das Problem nicht gelöst ist. Und sie sagten so viel wie: Das verwächst sich! Wo wir aus heutiger Zeit wissen, egal was sie damit gemeint hatten: Es war auf jeden Fall falsch. Und ich erinnere mich daran, dass ich mindestens drei Kaltgerätestecker hatte. Also die Stromkabel für die Steckdose. Weil mir die regelmäßig weggenommen worden sind.

Mirjam Rosentreter: Von deinen Eltern?

Chris Lockingen: Von meinen Eltern.

0:24:30

Marco Tiede: Achso, die haben dich schon versucht, darin zu begrenzen.

Chris Lockingen: Die haben versucht, wenigstens 16 Stunden am Tag einzuhalten oder sowas. Ich habe hab kaum noch geschlafen.

Mirjam Rosentreter: Wenn du zurückreisen könntest in die Zeit, wo sie die Kabel versteckt haben. Was würdest du ihnen mit dem Wissen von heute, was das dir gebracht hat, deinen Eltern sagen? Um sie zu überzeugen, lasst mir die Kabel.

0:24:49

Chris Lockingen: Ich finde, sie haben das alles großartig gemacht. Ich liebe sie.

Mirjam Rosentreter: Du bist ihnen dankbar. Für was? Also für was genau?

Chris Lockingen: Das war schon ein bisschen dreist. Meinem Vater das Arbeitsgerät mopsen, ja. Ich meine, es stand am Anfang noch in seinem Raum. Später in meinem Raum. Und dann hat er sich einen eigenen geholt. Und wenn man überlegt, dass das ja auch keine 50 Mark oder sowas damals waren, ja. Sondern so ein Gerät kostete durchaus 1000 Mark ungefähr. Das war also schon Geld. Dass man das einem Achtjährigen so hinstellt und sagt: Mach mal. Das war schon toll, diese Möglichkeit zu haben.

Das Ganze ist eben so ausgeufert, dass ich dann auch so eine typische ADHS- Chronik hingelegt habe.

0:25:28

Also ich hatte drei Ausbildungen, die ersten beiden habe ich abgebrochen. Die dritte war dann wirklich die in der IT. Weil ich eigentlich mein Hobby niemals zum Beruf machen wollte. Und das ist das, was ich hätte früher machen sollen. Also, wenn ich zurückreisen würde wollen, würde ich direkt mit der IT-Ausbildung oder Studium in der Richtung anfangen wollen.

Marco Tiede: Also insofern hat dein Vater schon diese Dimension erkannt. Dass du und IT, dass es eigentlich gut zusammenpasst. Dass es gut miteinander geht, dass es dir damit gut geht, wenn er dir den zur Verfügung gestellt hat.

0:26:05

Chris Lockingen: Ich glaube, das ist auch ganz typisch. Also bei mir kommt der Autist an der Stelle durch. Der ja sich ja an Regeln halten möchte. Der zumindest Regeln auch erkennt und Strukturen erkennt, Logiken erkennt. Und damit sehr gut umgehen kann. Wir haben so eine schöne Testfrage bei uns für Autisten. Wenn ein Board, so ein typisches… Magnettafel, also eine Magnettafel irgendwo steht. Und die verschiedenen Magneten darauf sind ungeordnet. Also bei mir sind die oftmals in Regenbogenfarben sortiert. Und wenn aber die Sortierung durcheinander ist. Was dann passiert. Warum ein Autist unbedingt aufstehen und das wieder in Ordnung bringen muss.

Das macht ja eigentlich, wenn man es von außen betrachtet, keinen Unterschied. Und die schönste Erklärung, die wir gefunden haben: Wenn das durcheinander ist, das System tut es weh. Und wir müssen die Ordnung wieder herstellen.

0:26:50

Marco Tiede: Ja, das trifft es. Weil letztlich ist ja Autismus auch die Reaktion auf die Unordnung draußen. Also all das, was wir dann an autistischen Verhaltensweisen erleben, ist ja eine Reaktion auf das, was uns von außen mehr oder weniger überfordert.

Mirjam Rosentreter: Also deine Eltern haben dich, vielleicht ohne es zu ahnen, gut gefördert. Indem sie dir den Computer letztlich gelassen haben.

Chris Lockingen: Ja, auf jeden Fall.

0:27:17

Mirjam Rosentreter: Und die Schule? Hat die das hingekriegt, dich da zu packen, wo du gepackt werden musstest?

Chris Lockingen: Ich glaube, dazu möchte ich nichts sagen. Um nichts Negatives in diesem Podcast zu erwähnen.

Mirjam Rosentreter: Du darfst gerne weit ausholen, auch mit Negativen.

Chris Lockingen: Also die Schule hat da überhaupt nichts supportet. Später, erinnere ich mich daran, dass ich einer von zwei Personen war, die das Sicherheitssystem mit der IT für die Schule geschrieben hat. Und das halt mit selbst noch nicht mal Volljährigkeit erreicht zu haben.

Zeigt eigentlich, wie hoch übrigens bis heute der Nachholbedarf ist. Wenn ich gucke, wie wenig IT-Wissen bis heute aufgebaut worden ist. Und ich möchte niemanden damit angreifen. Würde ich mir wünschen, dass nicht nur bei uns, sondern allgemein viel mehr Kurse zum Aufbau von Wissen vorangetrieben werden. Gesponsert werden und eben letztendlich auch gehalten werden. Ganz wichtig. Wir haben zum Beispiel jetzt gerade aktuell für alle Homepages die Barrierefreiheit, die eingehalten werden muss. Und es ist noch wirklich sehr, sehr viel Nachholbedarf an diesen Stellen. Das ist aber jetzt nur eins von unzähligen Beispielen. Ich könnte mit dem Datenschutz auch weitermachen. Da haben wir auch etliche Sachen. Keiner hat Lust auf einen Datenschutz. Auf der anderen Seite ist es sehr wichtig. An manchen Stellen steht er uns auch klar im Weg. An anderen Stellen ist er sehr nötig. Dass wir zum Beispiel auch bei Gesundheitsdaten gucken: Die Firma, die wir einsetzen, zum Beispiel für Videoübertragung, ob die denn den deutschen Datenschutz erfüllt.

Mirjam Rosentreter: Zwinker, zwinker, wir haben hier ja auch Video.

Chris Lockingen: Ich sage jetzt nicht Zoom. Zoom erfüllt den deutschen Datenschutz zum Beispiel nicht.

Mirjam Rosentreter: In der Schule, warst du da denn eher überfordert oder unterfordert?

Chris Lockingen: Ich würde sagen, es war mir relativ egal, wenn es keine IT war. Und ich habe ein gutes Zeugnis hingelegt. Ich war also eher unterfordert. Habe sehr, sehr schnell gelernt. Habe das auch sehr gerne gemacht für die Dinge, die ich eingesehen habe.

Aber zum Beispiel das, was ich nicht eingesehen habe. Zum Beispiel habe ich ein Zeugnis, da ist dann im Englischen eins. Das fand ich immer gut, die Multilingualität weltweit zu erhalten. Aber auf dem gleichen Zeugnis ist dann Französisch fünf. Weil ich also Französisch einfach niemals eingesehen habe, was ich damit auf dem Zeitpunkt anfangen soll. Wie es denn so spielt, habe ich jetzt mehr und mehr Franzosen kennengelernt und denke mir so: Die Brocken, die ich mir eingeprügelt habe, die passen noch. Die habe ich tatsächlich noch abrufbereit. Aber es könnte ein bisschen mehr sein. Also eine fünf signalisiert ja ungefähr, wie viel Mühe ich da investiert habe.

0:29:51

Mirjam Rosentreter: Das heißt, jetzt ist die intrinsische Motivation da. Das meinte unser erster Podcast-Gast Bianca Bräulich. Das ist ja das Entscheidende für autistische Menschen: Wenn sie die haben, dann können sie merken, wie sie ihre Spezialinteressen zum Beispiel auch sinnvoll einsetzen können. Wenn die irgendwie damit getroffen werden.

Chris Lockingen: Hätte ich eine superschöne Ergänzung. Also, der Knackpunkt, an den erinnere ich mich bis heute, der war in der Kindheit ziemlich genau mit achteinhalb Jahren dann. Ich hab mit acht Jahren angefangen, mich dafür zu interessieren, für die Programmierung direkt. Ich werd immer gefragt, warum ausgerechnet die Entwicklung? Weil, viele spielen ja. Bei mir lief das Spiel, ich hab natürlich auch gespielt, fand das auch total toll.

Mirjam Rosentreter: Also, so Computerspiele.

Chris Lockingen: Genau, Computerspiele. Anfangs mit einem Grün-Schwarz-Monitor. Es gab auch keine Maus. Also, das war noch sehr einfach gehalten, das Ganze.

0:30:41

Mirjam Rosentreter: In den80er-Jahren.

Chris Lockingen: In den 80er-Jahren, korrekt, ja. Und irgendwann kam bei mir die Frage auf: Woher weiß dieser Computer, was er machen soll? Woher weiß der, dass jetzt eine Kutsche von links nach rechts da über den Monitor ruckeln soll? Und das hab ich mir dann immer genauer angeguckt. Und gemerkt: Ha! Hier hab ich eine Kutsche. Und so kann ich die dann positionieren. Und so wurde das ja dann immer besser. Dann kamen Farben hinzu. Dann wurde die Auflösung erhöht. Dann gab’s diverse andere 3D-Modelle. Oh, wie finster war das am Anfang! Wie schön war das am Anfang! Nicht mehr zweidimensional, obwohl ja der Monitor zweidimensional ist. Aber eben dort einen 3D-Labyrinth draufzupacken. Das war schon unglaublich gut.

Mirjam Rosentreter: Also du bist… ich will noch mal kurz auf dieses Kellerkind zurückkehren. Weil du ja meintest, irgendwann hast du dann erkannt, du brauchst Menschen. Aber als Kellerkind sozusagen, um das jetzt so dich damit zu betiteln, hast du dich dann wirklich in diese Welten hineinbegeben? Und auch in das Technische dahinter? Warst aber nicht viel mit anderen in Kontakt.

0:31:41

Chris Lockingen: Wenn andere Menschen an IT kein Interesse hatten, hatte ich kein Interesse an ihnen.

Mirjam Rosentreter: Und hattest du in der Schule Freunde?

Chris Lockingen: Wenige. Also die, die halt auch ähnlichen Knack weg hatten wie ich.

Mirjam Rosentreter: Und wann gab es da den Wendepunkt? Dass du gemerkt hast: Hoppla, irgendwie ist das ja auch für mich gut, wenn ich mich für andere interessiere. Die vielleicht auch andere Interessen haben?

0:32:06

Chris Lockingen: Hmm das hat gedauert. Also ich habe bestimmt erst mal fünf sechs Jahre minimum wirklich nur für mich alleine verbracht. Und habe mich ganz gezielt nur mit allen Leuten die irgendeinen Rang und Namen hatten in der IT getroffen. Und erst später gemerkt, dass dieses Wissen ja nicht nur für IT gilt. Sondern die IT das Wissen erstellen aber es dann auch publiziert werden muss. Also, ich muss das Wissen vor allem auch so weitergeben, dass ein nicht ITler das Ganze verstehen kann. Das ist ja auch an vielen Stellen bis heute noch ein Problem. Dass das so eine eigene Sprache ist. Und man quasi fast schon dafür einen Übersetzer braucht an manchen Stellen. Und da sehe ich mich am ehesten: Diesen Übersetzer anzunehmen.

Das zweite ist aber auch, dass der ADHSler irgendwann gesagt hat: Ich habe keine Lust, dauerhaft mit einem Monitor verheiratet zu sein. Das macht keinen Spaß. Der antwortet nur so, wie ich ihm das beibringe. Und andere Menschen sind ja auch was sehr, sehr tolles, schönes. Und die habe ich dann sehr, sehr stark vermisst irgendwann.

Mirjam Rosentreter: Ich habe gesehen, als ich über dich recherchiert habe im Internet. Du bist vorsichtig, da Spuren zu hinterlassen. Aber die, die du hinterlässt, die sind sehr eindeutig. Weil du ja auch zum Beispiel noch eine Homepage hast. So einen TeamSpeak-Kanal für die Zeit, wo du sehr viele Games mit anderen in so Gruppen gespielt hast. Wargames heißen die? Mit Panzern und so? Was sind das für Spiele gewesen, die ihr da gespielt habt?

0:33:30

Chris Lockingen: Also, im Regelfall waren es irgendwelche Spiele, wo es eben um Schussübungen, sagen wir mal, geht. Und das halt in großen Teams. Und das hat zum Beispiel der Bot, den du gerade ansprichst… Ich habe also einen Bot geschrieben um den TeamSpeak… Das TeamSpeak kann man sich vorstellen wie Discord mit besserem Datenschutz, aber auch nicht Open Source.

Mirjam Rosentreter: (schmunzelnd)Kann ich mir nicht vorstellen, weil ich Discord gar nicht kenne.

Chris Lockingen: Werden aber hoffentlich viele, die zuhören.

Marco Tiede: Ich kenn’s.

Chris Lockingen: Okay. Und das ist halt so, dass wir den komplett automatisiert haben für… Also dafür, dass wenn zum Beispiel im Spiel sich der Rang geändert hat, hat er sich auch auf dem TeamSpeak geändert, wurde angezeigt. Und das ist entstanden interessanterweise genau vor der Covid-Zeit. Sodass wir halt dann, grade als Covid war, einen sehr, sehr großen Zulauf hatten in diesem Sektor. Und wir gemerkt haben: Hey, das ist ja eine gigantische Community dahinter!

Und ich behaupte jetzt mal, dass ein Großteil der ITler im Neurodivergenten-Spektrum sind. Ich seh da eine Korrelation in Richtung Autismus auf jeden Fall. Das Zweite ist halt auch, dass die Gamer genauso… Die sind ja auch zu Hause. Die leben für sich selber. Die ziehen ihr Dopamin aus diesen Spielerlebnissen heraus. Und das sind auch sehr, sehr schöne Menschen mitunter. Die aber sich zum Teil sehr stark isolieren.

0:34:42

Mirjam Rosentreter: Sehr schöne Menschen.

Chris Lockingen: Sehr schöne Menschen, ja.

Mirjam Rosentreter: Was meinst du damit?

Chris Lockingen: Hübsch ist jetzt auf die Hülle bezogen. Ich meine schön auf den Charakter bezogen. Das sind an sich Menschen, die halt wirklich sich gegenseitig helfen. Die sich durchaus zuhören. Klar gibt es da auch ein paar A-Löcher. Aber die meisten sind doch durchaus da. Wenn man jeden Tag zusammen spielt und macht das über ein paar Wochen, dann entsteht da schon ein Zusammenhalt. Dann entsteht da irgendwie ein We-Gefühl.

Mirjam Rosentreter: Und irgendwann ging es dann soweit, dass diese Gemeinschaft auch Kochrezepte untereinander ausgetauscht hat. Das sieht man dann nämlich auch. Also ich bin da ein bisschen eingetaucht, weil ich wirklich keine Ahnung davon habe. Ich finde auch sympathisch, dass ihr diesen Bot James nennt. Hast du das auch mit übertragen dann jetzt später auf diese Organisation der Selbsthilfearbeit? Dieses Wissen aus dieser Vernetzung über diese Gaming-Szene?

0:35:30

Chris Lockingen: Ich muss mal sagen, du hast ja wirklich sehr gut recherchiert, Hut ab dafür! Und die Antwort ist erst mal: Ja.

Also, da sind viele Sachen von denen, die ich mir aneignen wollte. Weil ja gerade, ich war ja im Sozialen mit anderen Menschen nicht gut aufgestellt. Also, ich konnte andere Menschen kaum lesen, war wirklich mehr auf den Rechner bezogen. Ich hatte die IT so weit getrieben, dass ich irgendwann mehrere Filialen hatte und auch ganz guten Umsatz damit generieren konnte. Aber hab dann irgendwann gemerkt, dass mir das halt nicht den Spaß macht, den ich haben möchte. Also, monetär ist das interessant, aber emotional einfach räudig.

Und jetzt ist es so, dass durch dieses Wissen, durch diese Zwischenmenschlichkeit in dem Bot. Von 2017 bis 2020 ungefähr, war das so die Kernzeit, wo wir es aufgebaut haben. Die Jahre danach natürlich auch, das läuft bis heute. Da haben wir halt in großen Communities zum Beispiel Kriegsspiele angeboten. Das heißt, da sind einfach mal 300 oder 400 Leute, die sich zusammen mit Panzern betoben. Ja, das ist nur eine Möglichkeit.

Mirjam Rosentreter: Marco, erinnerst du dich dran, als wir unseren Probe-Podcast mit Martin Koliwer aufgenommen haben, unserem zweiten Podcast-Gast. Also die Folge ist dann auch erschienen. Aber wir hatten uns vorher einmal mit ihm getroffen und quasi ins Blaue hinein einmal Probe gepodcastet. Der ist ja auch in so Spiele-Welten unterwegs.

0:36:45

Marco Tiede: Genau. Er ist in den LARP-Welten unterwegs, also Live-Action-Role-Playing.

Mirjam Rosentreter: Ja, ich fand nur interessant damals, kann ich mich erinnernn. Er meinte doch, dass man in dieser Welt so viel fürs echte Leben lernt.

Marco Tiede: Äh, auch, ja. Also, das geht ja da… Ich glaub, er meint damit auch, wenn sie sich dann wirklich treffen. Das ist ja dann auch so interessant, dass er als Autist auch eher die Zurückgezogenheit schätzt. Aber beim LARP sich dann die Kante gibt mit 6.000 anderen Leuten. Und da vielleicht dann noch mal wieder was rumkommt: Zu lernen, wie lern ich, ja, so miteinander Sein. Das aushalten, aber mich auch wieder Rückzugsräume suchen und so, ne? Also, das könnte vielleicht der Aspekt gewesen sein, den er meinte und ich nicht mehr ganz genau erinnere.

Mirjam Rosentreter: Ja, ich glaube, er meinte auch Social Skills beim Spielen. Also in diesen Rollen, in diesen Figuren, die man sich da auch schafft. Ja, hast du auch gemerkt?

0:37:43

Chris Lockingen: Egal, welches Spiel, wir haben nicht nur dieses Spiel gespielt. Es waren so 30, 40 Spiele. Die alle sehr bekannt sind. Alles, was man zusammen im Team spielen kann. Das Schöne ist, dass man sich gegenseitig anfängt zu helfen. Dass man sagt: Hinter dir steht jemand! Ich mach den mal kurz weg. Oder umgekehrt: Wir gehen da zusammen rein. Egal, wer von uns beiden da weiterkommt, Hauptsache, es schafft einer von unserem Team. Das sind natürlich schöne Fähigkeiten in dem Moment. Auf der anderen Seite ist die Frustrationstoleranz eine Geschichte, die man auch merkt. Wenn die Leute anonym zu Hause sitzen und dann ihren Frust voll raushängen lassen, wenn irgendwas nicht so läuft, wie sie wollen. D.h., man lernt einfach, damit umzugehen, mit diesen emotionalen Situationen.

Marco Tiede: Und beim LARP ist es ja dann wirklich alles vor Ort und unmittelbar.

Mirjam Rosentreter: Oder solche Pen-and-Paper-Spiele, gerade ist mir der Begriff wieder eingefallen. Das sind ja dann so Tischspiele, ne? Kennst du auch, Chris, ja?

Marco Tiede: Strategische Interaktionsspiele.

Mirjam Rosentreter: Da hat man ja sogar richtig Figuren auch mit in der Hand teilweise. So eine habe ich auch mal gesehen. Oder kennt man auch. Teilweise gibt es ja so Läden, wo die Leute sich dann an so großen Tischen treffen. Aber wir sind jetzt gerade ein bisschen zu weit abgetaucht.

Ich kann an dieser Stelle aber gut, weil du das gerade meintest, mit diesem gegenseitig unterstützen noch sagen, passt auch: Hast du mitgekriegt, es ist noch eine Mail reingekommen. Und ich habe dem Schreiber versprochen, dass wir die Frage mit reinnehmen. Das war nämlich Jakob. Hallo Jakob! Der Sohn von Jochen Gertjejanßen, der das letzte Mal bei uns war. Und der hat uns geschrieben.

Erstmal hat er gesagt, dass er die Folge mit seinem Vater ganz toll fand. Puh! Ist ja nicht unbedingt gegeben, wenn man da die Eltern befragt, dass die Kinder sich damit wohlfühlen. Aber war wohl so.

Und er hat gesagt: „Ich wünsche mir sehr häufig, dass Menschen mir sagen, was sie wirklich wollen oder brauchen. Denn zwischen den Zeilen lesen oder gar Körpersprache zu lesen ist für mich und viele andere Menschen mit Autismus sehr schwer oder gar unmöglich.“ Kennst du das auch?

0:39:39

Chris Lockingen: Ja, auf jeden Fall. Es ist eine Herausforderung, es bei anderen Leuten abzulesen. Und es ist eine weitere Herausforderung, selbst zu wissen, was man eigentlich will. An vielen Stellen.

Mirjam Rosentreter:

Er hat dann geschrieben: „Wenn du etwas von mir willst, dann sag es, statt einfach nur es zu erwarten.“

Chris Lockingen: Macht total Sinn.

Marco Tiede: Ja, klar, total.

Mirjam Rosentreter: Leistet ihr da denn in euren Gruppen auch so gegenseitig so ein bisschen Übersetzungshilfe? Du hast das vorhin erwähnt, dass du dich wie so ein Übersetzer fühlst.

0:40:06

Chris Lockingen: Wir haben ein Treffen, das ist entweder ein freier Talk, den wir anbieten. Wo also wirklich frei in kleinen Gruppen gesprochen werden kann. Oder eben auch beim Kennenlernen gegenseitig bieten wir auch Geschichten für an, wo das auch durchaus thematisiert wird. Wo wir versuchen zu vermitteln, je nachdem wie Personen im Spektrum sich befinden. Wenn jetzt… Ich sag, ich hab jetzt nur ein sehr extremes Beispiel – natürlich, wie könnte es anders sein (schmunzelt). Wenn ich einen ausgeprägten ASS-Studenten, also Autisten habe. Und der wirklich die volle Packung abbekommen hat. Dann leidet der mit einem sehr hohen Grad an Mutismus. Das heißt, der wird gar nicht erst sprechen. Das ist natürlich dann schon mal für die Kommunikation sehr, sehr schwierig. Also dann geht es nur mit Zeichensprache. Die ich selber auch nicht beherrsche und wo ich den Hut ziehe für jeden, der das wirklich flüssig sozusagen kann. Das ist schon sehr, sehr schön. Wenn wir uns im leichten Sektor finden, also in der leichten Ausprägung, finden wir eigentlich sehr gut Möglichkeiten, da Skills zu generieren. Die sich gegenseitig lesen lassen. Also, wo man sagt: Ich will ja auch! Das ist ja auch eine Willensfrage. Ich möchte den anderen verstehen! Ich möchte nicht sauer sein! Dann geht das schon ganz gut.

Ab der mittleren Ausprägung, behaupte ich jetzt mal, sind wir soweit, dass wir dann eben diese Muster primär fokussieren. Und wenn eine Abweichung von einem Muster, von einer Regel ist, wir nicht die Leute sind, die sagen: Hey, ich ignoriere es. Das ist nicht schlimm. Sondern ich weise den anderen darauf hin, dass er gerade eine Abweichung von diesem Muster gemacht hat. Und das finden die meisten Leute natürlich nicht besonders prickelnd.

Marco Tiede: Oder es wird als unhöflich empfunden.

Chris Lockingen: Genau.

Marco Tiede: Übergriffig.

0:41:35

Mirjam Rosentreter: Also, wie du das gerade beschreibst, ist zumindest in Bezug Kommunikation das Spektrum für dich linear. Oder Marco, also das was Christoph beschrieben hat?

Marco Tiede: Da war jetzt die Achse benannt, die Achse der sprachlichen Fähigkeiten. Also Leute, die eben nicht funktional verbal sich äußern können, haben andere Schwierigkeiten als Leute, die sich verbal äußern können, funktional.

Mirjam Rosentreter: Weil wir auch mal eine Zuschrift bekommen haben: Es gibt einige Menschen im Spektrum, die das schwierig finden, diese Kategorien ‚leichter und schwerer betroffen‘ zu bilden.

Marco Tiede: Ja, das ist dann immer so der… manchmal auch der Versuch bestimmter Menschen, auch selber im Spektrum, die diese Diagnose vielleicht noch nicht so ganz anerkannt haben: Dass sie dann versuchen zu versichern, Nee, ich bin nur ganz leicht, ganz mild betroffen. So solche Zuschreibungen. Und eigentlich ist es ja sehr unterschiedlich, worin man wie betroffen ist. Und klar ist natürlich: Man sieht es in seltensten Fällen jemanden von außen an. Und das heißt ja aber nicht, dass man nicht auch schwerer betroffen sein kann von diesen ganzen Eindrücken, die man zu verarbeiten hat. Die sehr viel Energie kosten.

Insofern, ich glaube, ich habe das auch so verstanden: Du beziehst dich jetzt hier auf die Achse der Sprache. Und da gibt es dann eine milde und eine schwere Ausprägung bis hin zum Mutismus, wo nicht gesprochen wird.

0:43:07

Mirjam Rosentreter: Ich würde gerne noch mal auf den anderen Wendepunkt bei dir im Leben zu sprechen kommen. Auch wenn der vermutlich etwas schwierig ist zu besprechen. Aber du hast dich ja bei dem Fachtag, hast du dich aufs Podium, also auf dem Podium allen Leuten geöffnet. Und hast vor 200 Menschen diesen Satz gesagt: „Ich war lange depressiv, hochsuizidal und hatte ein Suchtproblem.“ Wie war das für dich, das da so offen auszusprechen?

Chris Lockingen: Ich habe das inzwischen gelernt. Sehr, sehr deutlich dazu zu stehen und das anzunehmen. Ich habe sehr lange mit Drogen kompensiert. Um eine Flucht zu haben. Um irgendwie für mich ein schönes Gefühl zu haben. Da mir kaum etwas anderes dieses schöne Gefühl gegeben hat. Das war auch gerade diese Verbundenheit mit dem Rechner. Der mir auch nicht emotional geantwortet hat in irgendeiner Form. Ich lag irgendwann völlig ausgebrannt am Boden und habe gemerkt: Im Rahmen dieser hochgradigen Depression gibt es keine passende Hilfe. Und vor allen Dingen auch gar keine kurzfristige Hilfe.

Und nachdem ich dann am Boden lag und gemerkt habe, es geht nicht weiter. Kam die Suizidalität hinzu.

Und dann kam irgendwann dieser Wendepunkt. Wo ich eigentlich nur die Wahl hatte: Hängst du dich jetzt in die Ecke? Oder ähnliches. Oder findest du einen Weg, anders damit umzugehen? Und das war der eigentliche Startschuss für die Selbsthilfegruppen: Diese Hilfe anzubieten. Wo ich gemerkt habe, wie wirklich wahnsinnig dringend der Bedarf hier ist. Und habe dann praktisch allen Mut zusammengenommen. Mir noch einmal eine Therapie herausgesucht. Bin dann auch in eine Klinik in Bremen gegangen.

Und habe dort gemerkt, wie furchtbar schlecht es ist, dass unser Krankensystem privatisiert worden ist. Es waren erhebliche Wartezeiten, es gab überhaupt keinen richtigen Support. Die eigentliche Hilfe war zwischen den Personen, die dort vor Ort waren, stationär. Sonst waren das vielleicht mal zwei Stunden Gesprächszeit pro Woche mit Profis. Dafür brauche ich ernsthaft nicht in eine Klinik zu gehen. Das ist einfach nur, mir fallen jetzt viele Schimpfwörter ein, die werde ich nicht nennen: Es ist einfach nur schlecht. Und es hat eine Weile gedauert, dann wieder aufzustehen und eine Perspektive zu entwickeln. Und vor allen Dingen auch wieder Energie zu haben.

0:45:30

Mirjam Rosentreter: Also du hast da im Grunde den Reset-Knopf gedrückt.

Chris Lockingen: Ich saß so sehr am Boden, dass ich eigentlich nur die Möglichkeit hatte, jetzt noch zwei Meter tiefer zu gehen oder wieder aufzustehen.

Mirjam Rosentreter: Und du hast, ich weiß nicht, ob wir uns da so drüber unterhalten haben. Du hast gesagt, du hattest ganz lange Zeit keine Kraft, Hilfe zu holen. Gibt es einen Menschen, der dir dann irgendwie doch die Energie gegeben hat oder einen Schubs? Oder warst du das ganz alleine?

Chris Lockingen: Eine der Komorbiditäten ist der Selbstwert von ADHS, der sehr schlecht ist. Und ich habe in dem Moment eigentlich gemerkt, dass ich mich wieder selbst lieb haben möchte.

Marco Tiede: Das war so der Gamechanger dann.

Mirjam Rosentreter: Hattest du da irgendwie ein Bild im Kopf?

Chris Lockingen: Naja, dieses Bild war, dass ich letztendlich 10 Jahre später vermutlich so nicht mehr existieren könnte. Da ich ja völlig stagniert bin. Und nicht mehr weitermachen oder nicht mehr wusste, wie ich weitermachen sollte. Oder eben eine neue Perspektive zu generieren. Die außerhalb der IT ist. Also die IT durchaus noch integriert. Aber eben als Begleiter und nicht als Hauptmerkmal im Leben. Denn da fehlt mir einfach die Emotion dahinter. Der Autist ist völlig zufrieden, dem geht es total fein mit der IT. Aber dem ADHSler fehlt etwas Elementares.

0:46:48

Mirjam Rosentreter: Also ich möchte behaupten nach vielen Gesprächen mit Autisten, dass auch dem Autisten diese Emotion dahinter irgendwann fehlt.

0:46:57

Chris Lockingen: Da hast du was total Wertvolles noch angesprochen gerade. Danke. Es ist so, dass oftmals gesagt wird: Autisten haben ja weniger Gefühl. Oder sind auf der Sachebene. Und eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Ich glaube sogar, dass wir sehr, sehr viel ähnlicher sind, als wir denken. Nur zeigen wir das nach außen anders. Und deswegen führt das zu super vielen, vielen Interpretationen. Ich habe so viele megaherzliche Autisten kennengelernt! Die nicht weniger Emotionen haben, auf gar keinen Fall. Die sind anders blockiert. Die sind ein bisschen mehr bei sich selbst. Und der ADHSler ist – ich sage jetzt einfach, wie ich denke – etwas extrovertierter damit.

Marco Tiede: Das ist ja auch das, was ich vorhin meinte: Dass die Menschen im Spektrum oft von dieser emotionalen Empathie ja auch selbst dann überwältigt sind. Weswegen es dann eben auch zum Rückzug kommen kann.

0:47:52

Mirjam Rosentreter: Du hast ja vorhin gesagt, dass du deine Diagnose schon als… oder deine beiden Diagnosen schon als Kind hattest. Nur kurz: Wie ist es dazu gekommen? Denn viele, mit denen wir hier gesprochen haben, haben die erst viel später bekommen.

Chris Lockingen: Ja, also ich habe sie mit 8 Jahren auch tatsächlich erhalten. Parallel zu den anderen Welten sozusagen. Und das lag daran, dass ich halt bis dorthin… Also ich war sehr, sehr hyperaktiv. Ich war super überstimuliert die ganze Zeit. Es war super schwierig mit mir selber auch für mich als Person damit umzugehen. Ich bin quasi in eine Welt geschwommen, die nicht für mich gemacht war. Und bin überall angeeckt, wo es ging. Ich bin bei so vielen Leuten rausgeflogen. Bei Geburtstagen rausgeflogen. Weil ich den Leuten einfach auf den Keks gegangen bin mit meiner Art.

Und dann sind meine Eltern irgendwann auf die großartige Idee gekommen, zum Hausarzt zu gehen. Und der hatte tatsächlich auch diese Unterlagen noch Ewigkeiten aufbewahrt. Denn ich habe es danach erstmal 20 Jahre lang, nein, nicht ganz, aber 15 Jahre lang ignoriert, die Diagnose. Und habe einfach weitergelebt. Da ich durch Coping-Strategien, durch Masking-Strategien sehr gut umgehen konnte. Ich habe ja durch die Selbstständigkeit ein Ventil für meine viele Energie gehabt. Und hatte da auch dementsprechend durchaus Erfolg. Aber als dann irgendwann ja, diese Gedanken keimten. Und je weiter ich an die 30 rankam, umso klarer wurde mir: Dass ich irgendetwas ändern muss. Und wir haben einen Haufen Leute in der Gruppe, die 20 Jahre lang im Masking sind. Und erst durch die Gruppe erfahren, dass das, was sie machen, Masking ist. Weil es für sie ja funktioniert hat. Und dann wachen sie quasi wieder auf. Und wir reden dann von dem Leben vor der Diagnose und von dem Leben nach der Diagnose. Weil man gelernt hat, sich selber besser zu verstehen. Und den Selbstwert dadurch zu erhalten, dass man sich wirklich ernsthaft wieder lieb hat. Ich kann heutzutage sagen: Ich hab mich lieb. Das hatte ich damals nicht.

0:49:44

Marco Tiede: Und das Masking hat ja dann auch noch die verwirrende Dimension für Außenstehende. Die dann ja immer behaupten, das sieht man dir ja gar nicht an, dass du dieses oder jenes hättest. Weil man es ja – Überraschung – nicht auf die Stirn geschrieben bekommt. Aber das macht ja auch aus, dass viele meinen… Also, ich höre das immer wieder, dass die denken: Das ist doch nur eine Frage des Willens. Des Zusammenreißens. Und gleichzeitig: Dass Masking auch so eine zweischneidige Sache ist. Zwischen Überlebensmodus und irgendwie zurechtkommen. Und aber einem riesigen Energieaufwand, der damit verbunden ist. Und deswegen eigentlich auch problematisch ist. Wenn man nur noch im Masking ist, in der Maskierung.

Chris Lockingen: Das Masking frisst sehr, sehr viel Energie. Also noch mehr als üblich. Und brennt uns richtig schnell aus. Und wenn ich dann halt drei, vier Stunden im Masking bin, ist das für mich ein voller Arbeitstag. Und dann kann ich danach auch wirklich nicht mehr konzentriert an irgendetwas anderem arbeiten. Routinearbeiten gehen noch, das war’s dann aber auch.

0:50:46

Mirjam Rosentreter: Ich hänge gerade noch daran, dass du in den 80er-Jahren vom quasi Hausarzt der Familie schon eine Diagnose bekommen hast. War ihm auch bewusst, dass du Autist bist, dem Arzt damals?

Chris Lockingen: Ja, ihm war es im Bewusstsein.

Mirjam Rosentreter:

Und deine… deinen Eltern auch? hast du mal mit ihnen drüber gesprochen? Haben sie das für sich angenommen und damit dann irgendwas geändert an ihrem Umgang mit dir?

Chris Lockingen: Es gab damals noch eine andere Voraussetzung. Zum Beispiel hieß es dann: Das verwächst sich.

Mirjam Rosentreter: Ja, das heißt es heute auch noch manchmal. Also hat gerade erst wieder jemand im Elternkreis erzählt. Ja.

Chris Lockingen: Also, es verwächst sich nicht, Überraschung. Es vererbt sich. Und es verwächst sich keinen Millimeter. Sondern eher im Laufe des Lebens werden die Symptome immer stärker. Man muss immer mehr damit umgehen. Man hat das Glück, dass man durch den Energiehaushalt, der auf Lebenszeit immer weiter abnimmt, dadurch etwas besser damit umgehen lernt. Man wird sozusagen ruhiger und kontrollierter dadurch. Aber an sich verwachsen tut sich da gar nichts. Und deswegen wurde es halt bei mir auch erst mal relativ… und das soll kein Vorwurf sein …ignoriert. Es war zeitgemäß. Ich war zwischendurch mal auf Methylphenidat, das ist der Wirkstoff unter anderem von Ritalin, eingestellt worden. (Türklingel) Und das hatte den… (Türklingel) …hatte die…

0:51:53

Mirjam Rosentreter: Und das ist die Klingel. Ich geh mal kurz runter. Wir merken uns Methylphenidat. Das ist… (im Weggehen) …kann man sich ja merken.

Chris Lockingen: Methylphenidat.

Marco Tiede: Drogen können wir uns merken

Chris Lockingen: Drogen gehen immer, Ha!

Marco Tiede: (lacht)

Chris Lockingen: Aber Junge, ich bin ganz schnell am Schwitzen! (lacht)

Marco Tiede: Ist warm hier, ne? Sollen wir vielleicht einmal ein Fenster…?

Chris Lockingen: Nee, nee, nee! Lass mal! Das geht nicht um warm. Das geht um die Thematiken. Also das ist ja…

Marco Tiede: Ach so!

Chris Lockingen: LöstjaDinge aus.

Marco Tiede: Geht ja tief. Du kannst natürlich auch jederzeit sagen…

Chris Lockingen: Nein, nein, nein.

Marco Tiede: Das ist mir too much.

Chris Lockingen: Das ist völlig fein!

Marco Tiede: Das können wir dann off record nehmen.

(akkustischer Trenner)

Chris Lockingen: Möchtest du noch was zu trinken? Soll ich dir was geben?

Marco Tiede: Du wolltest auch was haben? Ich wollte mir auch grad was eingießen. So, einmal Getränke verteilen.

Chris Lockingen: Stichwort Methylphenidat.

Mirjam Rosentreter: Ja! Ähm…

Marco Tiede: (lacht)Gut, jetzt sind wir erstmal bei den Drogen. (Chris lacht) Bei den Chemikalien.

0:52:40

Mirjam Rosentreter: Also, du hast Ritalin bekommen.

Chris Lockingen: Okay, ich habe Ritalin bekommen. Und das würde heutzutage als Überdosierung gelten. Ich saß in der Ecke wie ein Teddybär und konnte eigentlich nur noch brummen. Das heißt, man hat damals die Leute… Es hieß ja, man muss die beruhigen, sozusagen. Man hat sie eigentlich abgeschaltet. Man hat sie also nicht beruhigt, indem man sie…

Marco Tiede: Richtig abgeschossen…

Chris Lockingen: Genau. Man hat sie praktisch nicht irgendwie behandelt im Sinne von: Wir bieten dir ein klinisches Paket. Unterhalten uns über deine Probleme. Und sehen zu, dass du Skills bekommst, die für dich passend sind. Sondern man hat sie einfach betäubt.

0:53:12

Marco Tiede: Das ist ähnlich, wie Bianca das auch geschildert hat. Die hatte auch Ritalin, ich meine es war Ritalin, bekommen. Und war damit auch so völlig weggetreten, mehr oder weniger. Und da hatte die Mutter, glaube ich, reagiert und gesagt: Nee, das geht auch nicht.

Mirjam Rosentreter: Ja, und vor allen Dingen bei Bianca, unserem ersten Gast, war dann der Effekt: Als dann die Mutter gesagt hat, „nee, das Zeug nimmst du nicht mehr“, hat sie quasi von einem zum anderen Tag gemerkt: Hoppla, das sind ja Menschen um mich herum! Die sind ja irgendwie wie ich. Vorher hatte sie gar nicht den Bezug dazu, dass ihre Eltern oder die anderen Leute, die so um sie herum waren in der Schule, dass die zur selben Spezies wie sie gehören.

0:53:51

Chris Lockingen: Das ist auch sehr, sehr schön beschrieben. Ich würde eigentlich ergänzen wollen, dass es sehr, sehr gut sein kann, Medikamente zu nehmen. Denn laut US-Studien aktuell… Und ich glaube, die USA ist uns in der Forschung diesbezüglich deutlich voraus: Dass wir zum Start, um uns wieder zu regulieren, durchaus Medikamente nehmen sollten. Denn es gibt eigentlich nichts, was am Anfang besser hilft. Dadurch lerne ich, aber jetzt kommt ein schrecklich doofes Wort. Für das ich mich entschuldigen möchte. Weil es natürlich nichts trifft und doch alles sagt: Dadurch lernen wir den „Normalzustand“ kennen. Also, wie wir eigentlich auch uns reguliert verhalten könnten.

Und wenn ich diesen Zustand einmal erfahren habe, erinnere ich mich ja auch daran, wenn ich gerade nicht unter Medikamenten stehe. Und letztendlich, wenn ich das eine Weile habe, merke ich… Also, ich selber bin Fan davon, mich selbst zu regulieren und möglichst auf Medikamente zu verzichten. Es gibt aber auch Beispiele bei uns in der Gruppe, die auf die Medikamente auf keinen Fall verzichten wollen. Weil sie auf der einen Seite funktionieren wollen. Das ist noch ein Systemfehler letztendlich. Also kein Mensch muss für irgendetwas funktionieren! Sondern er soll in seiner Welt die so gestalten, dass sie eben ihm gefällt. Hallo Pipi Langstrumpf! Aber auf der anderen Seite eben muss man ja bestimmte Regularien einhalten in diesem System. Wir haben ja… Es hat ja Gründe, warum wir dreilagiges Klopapier in Deutschland haben. Weil wir eben für jeden zwei Durchschläge brauchen.

0:55:13

Marco Tiede: Vielleicht nochmal kurz dazu gesagt. Du hattest die Normalität und das Funktionieren in gedachte Gänsefüßchen durch die Gestikulation gesetzt. Und das mit den Medikationen würde ich auch so unterschreiben. Ich glaube, das Problem, was du ja vorhin beschrieben hast, war ja: Dass es eben in keiner Weise begleitet und komplett überdosiert war. Also, wenn Medikation, dann soll es eben sorgfältig begleitet sein. Und so eingestellt werden, dass die Menschen auch am Leben teilhaben können.

Und das ist ja dann oft auch die Angst, die mir häufig auch im therapeutischen Kontext begegnet. Wenn wir merken: Da sind Komorbiditäten. Und es könnte mit Medikamenten begleitet werden. Dass da sehr viele Vorbehalte sind.

Weil man sich vielleicht oft nur an diese Beispiele erinnert. Wo es dann komplett übertrieben und überdosiert wurde. Und dem Menschen auch nichts brachte, die das für sich in Anspruch genommen haben. Oder denen das dann so verabreicht wurde. Als Kind hast du ja nicht gesagt: Ich will das mal. Sondern die Eltern haben dir das gegeben oder der Arzt.

0:56:24

Mirjam Rosentreter: Dadurch, dass du deine Diagnosen dann erst im Erwachsenenalter jetzt vor einigen Jahren so richtig für dich selber nochmal neu angenommen hast. Hast du ja im Grunde dann diesen selben Weg aufgenommen, den auch unsere anderen Podcast-Gäste oft schon beschrieben haben. Dass sie so ihr Leben nochmal neu betrachten und so einen Neustart dann machen mit dem neuen Wissen im Hintergrund. Oder war das bei dir dann anders?

Chris Lockingen: Ich glaube, in der Teenie-Zeit will man erst mal einfach nur funktionieren. Irgendwie, man ist ja noch relativ ahnungslos im Leben. Und will erst mal irgendeinen Weg gehen. Und irgendwann so mit Mitte zwanzig, vielleicht Anfang zwanzig. Je nachdem, was man für ein Leben führt. Manche haben das auch mit fünfzig noch nicht (lacht). Da kommt so eine Reflektionsphase. Und dann denke ich: Ich möchte einfach so… glücklich sein ist der Punkt. Ich merke in dem Moment: Ich bin nicht glücklich. Ich funktioniere nur. Ich bin nur im Masking drin. Ich bin eigentlich für andere Leute da. Kaufe mir Dinge, an denen ich mich selber kaum erfreue. Und ich habe auch nichts davon, den anderen Leuten diese Dinge zu präsentieren. Also was ist ein Auto? Ein Auto ist ein Fortbewegungsmittel von A nach B. Was nach Jahren X irgendwann wieder weg ist.

Und das ist nur ein Beispiel, wofür ein Haufen Geld rausgehauen wird. Was einfach nur eigentlich… Ich gönne jedem sein Hobby. Aber an sich jetzt da, weiß ich nicht, wie viele Tausende in Tuning reinzustecken? Und zu sagen, ich muss jetzt genau diese Marke haben? Gerade, wenn ich in Bremen unterwegs bin. Wo ich eben meistens auf 50 oder 70 limitiert oder so bin. Also, da muss die Verhältnismäßigkeit stimmen. Und irgendwo habe ich dann halt angefangen, dieses, wie soll ich sagen: Dieses Segment, das mir zwar schöne Dinge präsentiert, die ich nicht unbedingt brauche, aus meinem Leben herauszulassen. Mich eher mit weniger zufrieden zu geben. Also ich habe gelernt, wirklich das zu fokussieren, was ich wirklich brauche. Und nicht das, was mir die Werbung oder sowas vergaukelt, was ich haben möchte. Ich brauche kein großes Auto! Ich brauche keinen Luxus um mich herum! Sondern der größte Luxus ist der Frieden, den wir haben. Die Gesundheit, die wir haben. Die Möglichkeit, die Fähigkeit, das Beste aus sich selbst zu machen. Das sind schöne Freunde. Das ist Lebensglück für mich.

0:58:35

Marco Tiede: Ja, das ist ja letztlich das, was auch jeder Mensch so anstrebt, ne, ja.

Mirjam Rosentreter: Ich würde jetzt gerne noch mal ein bisschen genauer auf das Zuhause, das du dann da im Grunde ja gefunden hast, zu sprechen kommen: nämlich die Selbsthilfegruppe. Also, mir ist aufgefallen dieser eine Satz: „Wir bauen uns unser Zuhause“, steht irgendwo auf eurer Homepage. Wie funktioniert das eigentlich, so viele Menschen da unter dieses Dach zu bringen in eurer Selbsthilfe?

Chris Lockingen: Also zunächst einmal muss ich abgrenzen, dass wir keine therapeutische Einrichtung sind, sondern eine Selbsthilfe. Das heißt, wir helfen uns selbst. Auch nicht gegenseitig. Das ist gar nicht so gedacht. Da wir alle betroffen sind. Wenn ich aber merke, dass zwei Leute eine ähnliche Farbe in dem gleichen Ding sehen. Und sie sich dadurch gut verstehen. Ist es natürlich sehr, sehr schön, wenn diese sich dadurch vernetzen. Und so haben wir oftmals auch die gleichen Themen.

Also, unsere meistbesuchten Kurse sind zum Beispiel so etwas wie Organisation und Prokrastination. Das ist Aufschieberitis. Mache ich nicht heute, mache ich morgen. Oder RSD, also Rejection Sensitivity Dysphoria. Also wenn ich die Überempfindlichkeit bei Zurückweisung habe.

Mirjam Rosentreter: Es ist eine hohe Sensibilität für soziale Ablehnung.

Chris Lockingen: Genau, sehr, sehr schön, genau. Also eine zu hohe auch in dem Moment ist ein Lösungsmittel. Es löst mir Verträge, Beziehungen und alles auf im Leben.

0:59:58

Mirjam Rosentreter: Und diese ganzen Gruppen, beschreibst du auf der Homepage, die funktionieren alle nach einem ähnlichen Konzept? Oder sogar dem gleichen Konzept?

Chris Lockingen: Ja. Mich hat es sehr gewundert, dass es, als ich anfing damit, kein gängiges Konzept für Selbsthilfegruppen gab. Das liegt halt daran, dass jeder das irgendwie mal macht und guckt. Und ja grundsätzlich die Hilfe anzubieten schon mal gut ist, als grundlegende Situation. Und wir haben es dann eben… Also, ‚wir‘ heißt im kleinen Team, nicht nur ich. Haben ein Konzept aufbereitet, was wir bis heute in allen Gruppen verfolgen. Zum Beispiel muss bei uns immer zum Start der Gruppe bei jedem Treffen die Schweigevereinbarung unterschrieben werden. Damit wir einen Safe Space generieren. Und eben nicht einmalig, so wie das oft gemacht wird. Sondern jedes Mal. Damit wir auch wirklich nachweisen können, dass an diesem Tag diese Person zu diesem Thema dagewesen ist. Ja, dass wenn etwas nach draußen dringt, wir wissen können auf jeden Fall, wer es war. Und dagegensteuern könnten. Was wir bisher nie machen mussten. Aber der Safe Space ist ein wichtiger Gedanke.

Das ganze Konzept, wie wir die Gruppen organisieren. Dass wir eine Einleitung machen, die immer das Thema einmal kurz definiert. Also wir haben zum Beispiel, das wäre mir auch sehr wichtig, nochmal zu erwähnen: Wir haben spezielle Gruppen, die heißen ADHS und Zyklus. Weil es bis heute bei menstruierenden Personen zu sehr, sehr vielen Fehldiagnosen kommt. Da ist Borderline und Depression ganz oben, was diagnostiziert wird. Und Jahre später kommt dann heraus: Oh, es war doch ADHS. Das ist einfach eine Schmach für diese Person. Weil sie super viel Zeit verliert und nicht früher lernt, damit anders umzugehen. Und wenn dann eben noch entsprechend zum Beispiel PMS obendrauf kommt. Dann sind das Tage, wo die Emotion rauf und runter geht. Was sich ja entsprechend mit dem ADHS und mit der Tageskonditionierung nochmal stackt, also kumuliert. Und das ist super schwierig, damit umzugehen. Und dafür wird viel zu wenig gesprochen. Man kann in dieser Phase auch die Dosierung anpassen. Das macht also voll Sinn, das mit dem Arzt abzusprechen. Man sagt so 50% mehr mindestens.

Da würde ich mir wünschen, dass viel mehr Informationen auch diesbezüglich verbreitet werden. Wir haben eben einen extra ADHS- und Zykluskurs gemacht.

1:02:04

Mirjam Rosentreter: Ihr habt ja dann auch immer eine Gruppenleitung von Personen, die selbst betroffen sind, ne?

Chris Lockingen: Das ist die einzige Bedingung, bei uns mitmachen zu dürfen als Leiter. Also, es darf jede Person auch nur mit Verdacht zu uns kommen, grundsätzlich. Aber leiten dürfen nur Leute, die auch am Leiden waren.

Mirjam Rosentreter: Ja, auf der Seite, wo euer Konzept erklärt wird… Es gibt so einen offenen Teil und einen Mitgliederteil. Ein Mitglied bei euch wird man, also „zur Herde“ gehört man, steht da: Wenn man sich einmal in diese Startergruppe, wenn man da einmal gewesen ist. Wo die Grundaufklärung sozusagen beginnt. Wie macht ihr das? Also wir machen ja auch hier einen Elternkreis, Marco und ich, und wenn Leute zum ersten Mal in so eine Gruppe kommen, dann kommen die ja… Gibt es so zwei Kategorien von Leuten, finde ich. Ich weiß nicht, wie du das siehst, Marco. Aber, entweder sie sind so voll mit Fragen. Und wenn sie dann was erzählen über sich und sich vorstellen, das praktisch den Rahmen zu sprengen droht. Oder sie sind so ganz verschüchtert und dann kriegen wir schon Angst, dass sie wegen der ganzen Probleme der anderen sofort aufgeben und denken: Wo bin ich denn jetzt hier hergeraten? Das wird ja alles ganz schlimm, schlimm, schlimm, schlimm.

Marco Tiede: Ja, das sind so zwei Pole, ne? Ich denke, da gibt es schon viel Zwischen…

Mirjam Rosentreter: Ja, natürlich gibt es da viel dazwischen. Aber, Chris grinst die ganze Zeit. Erlebt ihr das auch so bei den Startergruppen? Wo ja die Neulinge alle reinkommen?

1:03:21

Chris Lockingen: Ich musste lächeln, weil ja eine soziale Phobie durchaus auch eine Komorbidität ist, unter der alle mehr oder weniger leiden. Und wir haben halt auch… Also, wir versuchen dann zum Beispiel Zettel herumzugeben. In denen Fragen stehen, dass man sagt: Hey, wie heißt du? Vorname reicht. Wenn du möchtest, dein Alter. Sag, was dich hierherführt. Sag zum Beispiel, ob du eine Diagnose oder Medikation bekommst. Und wir nehmen das ein bisschen begleitend in die Hand.

Mirjam Rosentreter: Ich finde, das klingt alles so wahnsinnig organisiert! Also das widerspricht ja total dem Klischee! Ich habe natürlich über ADHS totale Klischees wahrscheinlich im Kopf. Weil ich mich mit dem Thema noch nicht so viel auseinandergesetzt habe. Ist das dann die autistische Seite von dir, die es schafft, das so stringent zu organisieren und zu durchdenken?

Chris Lockingen: Ich bin mir sehr sicher, dass du gerade recht hast. (lacht) Ja.

Marco Tiede: (lacht)

Mirjam Rosentreter: Also ich finde es wirklich, wirklich faszinierend. Wie ihr das da auf die Beine stellt. Und das jetzt sogar auch schon überregional weitertragt. Ich habe gesehen, ihr habt ja auch eine Gruppe in Nordrhein-Westfalen – oder wo war das? – gegründet, die ganz ähnlich aufgezogen ist wie eure Homepage hier.

Chris Lockingen: Ja, wobei manchmal auch einfach andere Gruppen auf uns zukommen. So von dir angesprochen jetzt zum Beispiel. Die dann unser System einfach nutzen. Und dann sieht es sehr, sehr ähnlich aus. Also, wir versuchen unser Konzept für alle Gruppen anzubieten. Insbesondere jetzt erstmal in Bremen. Also alles, was in Bremen an Selbsthilfe ist: Ihr dürft euch sehr, sehr gerne bei mir melden.

Und aktuell ist es so, dass wir praktisch dann noch vom Gesundheitsamt Summen beziehen. Zum Beispiel für die Weiterbildung. Wo ich auch an dieser Stelle Danke an die Stadt Bremen sagen möchte. Dass es überhaupt die Möglichkeit gibt. Weil ich ja merke, dadurch, dass wir jetzt den nationalen Vergleich haben, wie unterschiedlich das ist. Also an manchen Stellen kriegst du einfach gar nichts. An anderen Stellen kriegst du natürlich auch mehr. Und Bremen ist da eigentlich dafür, dass wir eigentlich chronisch pleite sind, recht gut aufgestellt.

1:05:07

Mirjam Rosentreter: Diese Gruppen funktionieren ja auch so, dass ihr euch sogar außerhalb der eigentlichen Selbsthilfetermine verabredet. Und, wenn ich das richtig verstehe, in manchen Gruppen sogar täglich um 9 Uhr.

Chris Lockingen: Ja, wir haben jeden Morgen um 9 Uhr auf freiwilliger Basis und unmoderiert das Body-Doubling. Das heißt, in unserem Fall nutzen wir BigBlueButton. Also ein System mit Videokonferenzen mit Datenschutz. Weil wir alle Server in Deutschland haben, die uns gehören. Das gilt übrigens auch für unsere Handy-App. Auch die ist in Deutschland, mit deutschem Datenschutz. Und die bieten wir auch beides anderen Gruppen an. Das ist so das, was wir sehr gerne machen.

Und um auf deine Frage einzugehen natürlich – und nicht in die IT-Richtung abzusacken jetzt wieder (schmunzelt): Es ist jeden Morgen um 9 Uhr Body-Doubling. Das heißt, die Kamera wird eingeschaltet. Das Mikrofon wird abgeschaltet. Man guckt sich gegenseitig bei der Arbeit zu. Das klingt jetzt erstmal etwas komisch. Das hat aber den Effekt: Dass wenn da drei, vier Leute sind. Und eine Person, du, egal wer jetzt, macht gerade nichts. Spürt vielleicht die Ambition, auch etwas machen zu wollen. Es motiviert anzufangen. Und man munkelt, ich darf ja nicht so sehr über Inhalte sprechen, weil das alles ein Safe-Space ist. Aber man munkelt, dass die Hälfte der Personen, die dort im Raum sind, an ihrem Bachelor oder Master sitzen.

Marco Tiede: Mh.

Mirjam Rosentreter:

Und dann gibt’s… Ja?

1:06:23

Chris Lockingen: Und manchmal plaudert man ja doch zwischendurch.

Mirjam Rosentreter: Und wie funktioniert das dann? Da muss man kurz sagen: Hallo, geh mal kurz online. Also: Mach mal kurz dein Mikro an? Oder?

Chris Lockingen: Es gibt einen Chat.

Mirjam Rosentreter: Okay, naja, ja. Und dann gibt es abends auch noch eine freie Talkrunde, oft um 19 Uhr.

Chris Lockingen: 21 Uhr! Neun und neunzehn Uhr, wir kennen es alle: Sieben und siebzehn Uhr – ist genauso, ja (schmunzelt).

Mirjam Rosentreter: Und da bist du dann auch oft dabei?

Chris Lockingen: Nein, also die morgendliche und abendliche Runde wird gar nicht moderiert. Da sind die Leute da, die da sein wollen. Morgens ist Body-Doubling praktisch. Für meistens, also oftmals studierende Personen. Und abends ist es dann für die, die was zu erzählen haben. Also ganz oft ist abends gar nichts los. Und es gibt auch einfach Tage, wo im Body-Doubling nichts los ist. Das ist das Problem.

1:07:07

Mirjam Rosentreter: Aber das ist ein verlässliches Zeitfenster. Also gibt insofern Sicherheit: Wenn du abends um 21 Uhr das Bedürfnis hast, dich mit Gleichgesinnten auszutauschen, dann könntest du das auch. Zumindest versuchen.

Chris Lockingen: Ja, wenn dann wirklich niemand da sein sollte, was durchaus vorkommen kann, haben wir dafür eine extra Gruppe. In unserer App. Wo man reinschreiben kann, dass man jetzt gerade in den BBB, also in den Big Blue Button Raum geht. Und wer Lust hat, kann ja dann sich dazugesellen. Und das funktioniert eigentlich ganz gut. Auch wenn man einen ganz schlechten Moment hat. Wie gesagt, wir wollen uns nicht gegenseitig coachen. Das ist nicht, was wir machen sollten. Dafür sind wir alle viel zu hart betroffen. Aber natürlich kann man sich gegenseitig zuhören. Und mit der Empathiefähigkeit, die wir alle mitbringen… Es ist manchmal so: Zwischenmenschlich finde ich es immer sehr, sehr schön. Als Skill in einer Beziehung. Ich habe Situationen, wo mir einfach etwas erzählt werden soll. Wo ich einfach nur zuhören soll. Und dann ist es für mich völlig fein. Und für beide Seiten. Und es gibt Situationen, wo ich darauf reagieren soll. Und sofern es nur um dieses Zuhören als Komponente geht, ist Big Blue Button eigentlich super. Ich muss ja wirklich nichts machen, außer da zu sein dann.

1:08:13

Marco Tiede: Ich denke, da kann man noch mal hinzufügen: Du hast es ja auch immer wieder betont, dass ihr kein Ersatz für therapeutische Unterstützung etc. seid. Wobei das Zuhören ja auch schon eine therapeutische Wirkung hat, allein. Aber eben im Gegensatz zu therapeutischer Interaktion, wo dann ja noch was vom anderen, vielleicht an Impulsen da reinkommt, von therapeutischer Seite. Insofern ist das ja dann der sogenannte, ich nenne es dann auch in Anführungsstrichen „therapeutische Effekt“ von Selbsthilfegruppen. Dass ja schon allein das Zuhören eben etwas ist, was Menschen erstmal wieder etwas aufrichten kann, aufmuntern kann.

Mirjam Rosentreter: Ist ja auch das, was ihr uns zurückmeldet. Danke für eure Zuschriften übrigens, ihr Hörerinnen und Hörer. Wenn ihr uns zuhört, dass das ja auch schon aufrichten kann. Die Rückmeldung bekommen wir immer wieder von euch.

Chris Lockingen: Da würde ich gerne ergänzen. Unser Leitmotto ist: Du bist absolut nicht alleine. Also wir sind wirklich viele. Die Borg werden schwach.

Mirjam Rosentreter: Die was?

Chris Lockingen: DieBorg werden schwach.

Mirjam Rosentreter: Das sind die, das sind diese Fiesen aus dem… aus der Herr der Ringe?

Chris Lockingen: Nee, Star Trek ist das.

Mirjam Rosentreter: Ach so, stimmt. Oh Gott, ich bin nicht so drin in diesen…

Marco Tiede: Bist kein Trecki, ne?

Mirjam Rosentreter: …Fantasy-Welten.

Du hast mal ausgerechnet, wie viele Stunden du in die Selbsthilfearbeit steckst. Also ich habe mir aufgeschrieben: 2.500 Stunden im Jahr.

1:09:35

Chris Lockingen: Ja, als Team. Wobei ich da so ungefähr zu 90 Prozent beteiligt bin. Also, das ist wirklich… Das ist ein absoluter, mehr als Vollzeit-Job geworden. Ja.

Mirjam Rosentreter: Sieben Stunden etwa täglich.

Chris Lockingen: Wobei ich da natürlich auch sehr, sehr viel für mich alleine bin. Es sind natürlich sehr viele auch Überlegungen davor. Wo ich dann einen Zettel und Stift habe und erstmal aufschreibe ganz grob. Also, die eigentliche Arbeitszeit extern bezieht sich ja auf die Gruppenabende. Die sind immer auf zwei Stunden von acht bis zehn abends limitiert. Aber die Vorbereitungszeit und die Vernetzung. Jetzt auch hier zu sein, was ich sehr sehr gerne bin, vielen Dank für diese Möglichkeit! Das geht natürlich auch alles irrsinnig in die Zeit.

Mirjam Rosentreter: Also auf jeden Fall ist bei sieben Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit so am Tag ein 9-to-5-Job nebenbei nicht drin.

Chris Lockingen: Nein.

Mirjam Rosentreter: Auf keinen Fall. Hast du denn trotzdem… Schlummern in dir so berufliche Ziele? Könntest du dir vorstellen, auch mit einem Bein aus dem Ehrenamt wieder raus und doch nochmal so ein zweites Standbein quasi aufzubauen beruflich?

Chris Lockingen: Also, ich und wir als Team haben gemerkt, wie dringend und wie hoch der Bedarf ist. Und unser Feedback ist gigantisch. Weil wir eben auch Vorprüfungen anbieten für ADHS und ASS. Weil wir ein Netzwerk haben, mit dem wir mit Ärzten und Kliniken zusammenarbeiten. Und ich denke, der Bedarf ist so hoch. Und der wird in den nächsten Jahren noch weiter wachsen, so wie das ausschaut. Dass wir einfach Stellen dafür schaffen müssen. Und dann sollten die Leute, die sich schon seit Jahren damit beschäftigen… Also, wir würden gerne Vollzeitstellen oder wenigstens mehrere Halbtagsstellen dafür schaffen. Und ich denke, da kommen wir gar nicht mehr drum herum. Denn ich war so naiv am Anfang zu glauben: Naja, mit 10 Stunden die Woche kommst du schon hin. Das kannst du vollkommen vergessen! Alleine die Telefonate sind mindestens 10 Stunden die Woche.

1:11:18

Marco Tiede: Das ist viel.

Mirjam Rosentreter: Das heißt, ihr braucht Förderer? Ihr könntet Leute gebrauchen, die sagen: Wir unterstützen euch so, dass ihr das professioneller noch aufstellt. Und vor allen Dingen, davon vielleicht auch selber mal euch einen Lebensunterhalt aufbauen könnt?

Chris Lockingen: Das wäre mein absoluter Traum.

Mirjam Rosentreter: Das ist ein gutes Stichwort, Marco, für uns beide. Weil wir heute die Folge auch nutzen wollen, euch darum zu bitten, vielleicht eine kleine Spende loszuwerden. Wir sind ja ein kostenloser Podcast, ihr könnt uns überall streamen. Über unsere Homepage. Aber auch auf allen Podcastkanälen. Wir zeigen euch, wie vielfältig Autismus ist. Weil wir eben Leute wie dich einladen. Und ganz vielen Menschen zuhören.

Damit wir aber auch noch die Folgen produzieren können, die uns auch sehr wichtig sind. Die etwas aufwendiger sein werden, zu recherchieren. Wo ich auf Reportagereise gehen möchte. Können wir gut noch ein bisschen mehr Geld gebrauchen. Deswegen haben wir jetzt einen Spenden-Button bei uns auf der Homepage eingerichtet. Ist ja vielleicht auch für euch eine Sache! Bei, wie heißt das nochmal: Betterplace…

Marco Tiede: Hmmh.Das ist äh… Ich bin jetzt gerade ein bisschen überfordert. Was soll ich jetzt tun?

Mirjam Rosentreter: Ich habe gerade… hab gerade versucht, spontan, weil das so gut passt, unseren Spendenaufruf einzubauen.

Marco Tiede: Ja, das habe ich verstanden, aber….

Mirjam Rosentreter: Das ist dieser vorbereitete Dialog.

Marco Tiede: …dass ich jetzt da diesen Text…

Mirjam Rosentreter: Sonst machen wir es hinterher nochmal. Gib her!

Marco Tiede: Äh. Ja…

Mirjam Rosentreter: Gib her. Wir lassen’s. Wir machen das ein andermal.

Marco Tiede: Weil, ichhäng grad auch noch an einer anderen Sache.

Mirjam Rosentreter: Ja, ja.Ich merke schon. Ähm, welche Sache?

1:12:48

Marco Tiede: Du hast ja gesagt: Naja, das ist ja wie beim Zuhören im Podcast. Und das ist eben nicht das Gleiche.

Mirjam Rosentreter: Achso, ja.

Marco Tiede: Das Zuhören in der Selbsthilfegruppe. Also dass Menschen, denen zugehört wird, sich dann auch ein Stück weit verstanden fühlen. Im Gegensatz zu dem, wenn man unserem Podcast zuhört. Man hat auch so bestimmte Aha-Effekte und fühlt sich vielleicht auch verstanden im Sinne von: Es geht mir ähnlich. Oder: Ich bin nicht allein. Was du vorhin gesagt hast. Aber… Man lernt ein bisschen was über sich, im Zuhören über andere Leute. Aber das ist eben eine andere Dimension des Zuhörens als die, die eben diese immanente Wichtigkeit hat in den Selbsthilfegruppen. So.

Mirjam Rosentreter: Und es ersetzt eben keine Therapie. Wenn jemand wirklich eine Therapie braucht, ärztliche Begleitung, vielleicht Medikation, das können wir eben einfach nicht leisten.

1:13:37

Chris Lockingen: Wir sind eine super Ergänzung in der Wartezeit. Dass man sich damit schon mal beschäftigt. Wir merken, wie hoch der Bedarf ist. Wir haben inzwischen drei Suizide durch die Wartezeit zu beklagen. Also Leute, die einfach keine Hilfe bekommen haben. Und irgendwann keinen Ausweg mehr gesehen haben. Ich bin mir recht sicher: Wenn man den Leuten mehr zugehört hätte und mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte, das hätte einen anderen Weg nehmen können. Ich bin vorsichtig. Aber, das hätte nicht so laufen müssen. Und es kann natürlich auch zur Nachversorgung…

Es gibt ja auch einen Nachversorgungsauftrag. Einen, der mit Füßen getreten wird. Ich kenne kaum Leute, die nach ihrer Therapie eine richtige Nachversorgung erfahren haben. Und eine Selbstgruppe ist durchaus ein privates Mittel dafür. Dass ich mich mit anderen Leuten vernetze entsprechend. Und wenn ich die gleichen Probleme habe, siehe Body-Doubling, siehe studierende Personen. Wir bieten für die Impulskontrolle, um sie zu verbessern, Kurse an. Das sind insgesamt 60 thematische Kurse, die wir da anbieten.

1:14:34

Mirjam Rosentreter: Und eigentlich müsste ein Ziel sein, diese Strukturen, die ihr da für eure doch kleine Bubble geschaffen habt. Dass die auch in der Gesellschaft geschaffen werden. Ich erinnere mich daran, dass der Chefarzt der Klinik, die diesen Neurodivergenz-Fachtag organisiert hat, der hat zu Beginn gesagt: Es wäre eigentlich das Ziel, dass die Gesellschaft es schafft, Hilfe so zu organisieren, dass nicht jeder Mensch einzeln irgendwie alle Hebel in Bewegung setzen muss. Um für sich selber irgendwie eine Hilfe zu organisieren.

Chris Lockingen: Ja, es wäre sehr, sehr schön, wenn wir gegenseitig darauf achten, wer am Boden liegt und das weitergeben. Stattdessen läuft es eher nach dem Motto: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist ja an jeden gedacht. Weniger Egoismus, weniger Breitschultrigkeit und mehr für andere Leute da sein. Sympathisieren und dann auch wirklich sagen: Hey, brauchst du Hilfe? Kann ich dir helfen.

Mirjam Rosentreter: Also mit deiner IT-Kenntnis machst du heute auf jeden Fall vielen Menschen den Weg dahin etwas einfacher, ne?

Chris Lockingen: Ich hoffe es.

Mirjam Rosentreter: Was möchtest du denn den Leuten, die uns zugehört haben, noch mitgeben? Was könnte jeder tun? Ist immer so unsere Schlussfrage. Um das Zusammensein mit neurodivergenten Menschen für die Leute in seinem Umfeld ein klein wenig angenehmer, leichter oder schöner zu machen?

1:15:53

Chris Lockingen: Ich glaube, einfach zu versuchen, die Person zu verstehen. Also bei Depressionen ist es eindeutig: Wenn ich jetzt merke, eine Person setzt sich zu Hause fest, geht nicht mehr raus. Hat schlechte Laune, wäscht sich nicht mehr. Geht einfach immer weiter runter. Hat kaum noch zu essen. Das kriege ich eigentlich als Freund, als Freundin irgendwann mit.

Wenn ich natürlich aber merke, die Person ist drüber oder drunter. Und hat so typische ADHS-Phänomene, wie eben: Sehr, sehr schnell extrem zu reagieren. Dann vielleicht auch einmal zu hinterfragen: Hey, könnte es ADHS sein? Und könnte das vor allen Dingen unbehandeltes ADHS sein? Denn wenn es behandelt wird, wir haben ja Möglichkeiten, entgegenzusteuern. Es gibt ja Möglichkeiten, das in den Griff zu bekommen. Also, ich würde mir einfach mehr Verständnis in alle Richtungen wünschen, gegenseitig.

Marco Tiede: Mmh.

Mirjam Rosentreter: Vielen Dank, Chris, dass du das heute alles mit uns geteilt hast. Und auch viele Impulse gegeben hast. Wie vielleicht Menschen, die uns zuhören, so eine funktionierende Selbsthilfearbeit bei sich zu Hause aufbauen können. Wenn sie Fragen haben, dürfen sie sich ja an dich wenden. Über welche E-Mail-Adresse?

1:16:55

Chris Lockingen: Die E-Mail wäre am besten über das Kontaktformular.

Mirjam Rosentreter: Bei euch auf der Seite.

Chris Lockingen: Das ist am besten über adhs-hb.de oder über spektrum-stoerung.de mit ‚oe‘ geschrieben. Das sind die Hauptseiten. Da ist jeweils ein Kontaktbereich drauf. Sehr gerne über das Kontaktformular. Sehr gerne.

Marco Tiede: Und wir werden ja all die Seiten, die vorhin genannt sind, auch in den Shownotes vermerken. Und dann kann man da auch gut hingelangen.

Mirjam Rosentreter: Euch vielen Dank fürs Zuhören. Und wir freuen uns darauf, wenn ihr das auch im nächsten Monat wieder macht. Empfiehlt uns gerne weiter. Sagt es allen weiter. Und schreibt uns, wenn ihr eine Frage habt an hallo@spektrakulaer.de. Punkt de.

Marco Tiede: Undabonnieren nicht vergessen. (lacht)

Mirjam Rosentreter: Und abonnieren nicht vergessen, genau. Und wir freuen uns natürlich auch über Feedback auf den Podcast-Plattformen. Wo man Sterne vergeben kann, Herzchen verteilen kann. Oder auch eine Bewertung schreiben. Dankeschön. Macht’s gut.

Marco Tiede: Jo,Tschüss.

Mirjam Rosentreter: Tschüss!

Chris Lockingen: Während dieses Podcasts kam auch die Sonne heraus. Es hat aufgehört zu regnen. (Marco und Mirjam schmunzeln)

Mirjam Rosentreter: Gutes Zeichnen.

1:18:03

Outro

Musik

Sprecher: Das war Spektrakulär. Eltern erkunden Autismus.

Mirjam Rosentreter: Unsere Kontaktdaten und alle Infos zu unseren Folgen findest du in den Shownotes auf unserer Seite spektrakulaer.de.

Sprecher: Der Podcast aus dem Martinsclub Bremen.

Musikende

Sprecher: Gefördert durch die Heidehof-Stiftung, die Waldemar-Koch-Stiftung und die Aktion Mensch.

Sprecherin: In Zusammenarbeit mit Selbstverständlich, der Agentur für barrierefreie Kommunikation.

Ende

1:41:11

….

Quellen und weiterführende Infos zu den Themen in dieser Folge:

Hinweis: für Links zu externen Online-Quellen übernehmen wir keine Gewähr!

Zu Chris Lockingen / ADHS-Selbsthilfenetzwerk

Bericht aus „buten un binnen“ vom 25.08.2023
https://www.butenunbinnen.de/videos/adhs-stoerung-aufmerksamkeit-100.html

Selbsthilfegruppe ADHS
https://www.adhs-hb.de/

Spektrum-Stoerung.de e.V (derzeit im Aufbau)

Landingpage

Dachverband ADHS Deutschland e.V.
https://adhs-deutschland.de/

Zum Fachtag – Was hat Neurodivergenz in der Psychiatrie verloren? am 15.05.2025 in Bremen
Fachtag für Erfahrungsexpert:innen, Angehörige und Fachkräfte

Bericht bei „buten un binnen“ von Radio Bremen
Bremer Arzt über Neurodivergenz: „Viele geraten an ihre Grenzen“

Begriffe, Medien und Bücher

Was ist eine Depression?
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/verlaufsformen

Hyperfokus

ADHS Hyperfokus: Alles was Sie darüber wissen müssen

https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperfokus

https://www.adhspedia.de/wiki/Hyperfokus

Buchtipp: ASS im Erwachsenenalter (3.Auflage), Ludger Tebartz van Ellst (Hrsg)
Mitautor u.a. Andreas Riedel
https://www.mwv-berlin.de/produkte/!/title/autismus-spektrum-st%C3%B6rungen-im-erwachsenenalter/id/780

Anhaltspunkte für die Differenzialdiagnostik von ASS und ADHS
(auf S.16 der Leseprobe aus dem Kapitel von Andreas Riedel im o.g. Buch)
https://www.mwv-berlin.de/buecher-bestellen-2016/images/product_images/leseproben_images/9783941468801_Leseprobe.pdf


Gemeinsames Auftreten von Autismus und ADHS (Komorbidität)

Daniel Schöttle, Benno G. Schimmelmann, Ludger Tebartz van Elst: ADHS und hochfunktionale Autismus-Spektrum-Störungen. Komorbidität oder Differenzialdiagnose? Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Diagnostik und Behandlung. Nervenheilkunde 2019, S. 632-642.

https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-0959-2034.pdf

Artikel im Deutschen Ärzteblatt:

https://www.aerzteblatt.de/news/autistische-kinder-nehmen-adhs-mit-ins-erwachsenenalter-88509ede-c7b2-4f04-9946-ebfdec61a990

Britische Studie, auf die der Artikel Bezug nimmt:

https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2830118

Daten und Statistiken zu ADHS aus den USA

https://www.cdc.gov/adhd/data/index.html

Was ist das ICD-10 und ICD-11?

Erklärungen zur Internationalen Klassifikation der Krankheiten
(aus spektrum.de v. 17.01.2022)
https://www.spektrum.de/news/icd-11-eine-neue-klassifikation-der-krankheiten/1971949

ICD-11  im Vergleich zur ICD-10 von Rolf-Dieter Stieglitz
https://www.rosenfluh.ch/media/psychiatrie-neurologie/2024/02/ICD-11-im-Vergleich-zur-ICD-10-Strukturelle-und-inhaltliche-Veraenderungen.pdf?file

Zum ADHS im Allgemeinen und im Erwachsenenalter

https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/adhs-ads-aufmerksamkeitsdefizit-hyperaktivitaetsstoerung

https://ergo-life.at/adhs-traumsuse-hans-guck-in-die-luft-zappelphilipp-und-co-2

https://www.adhs.info/fuer-erwachsene/adhs-im-erwachsenenalter

Zur Vererbung von Neurodivergenz/ADHS

Stand der Forschung

zur Episode 2 mit Martin Koliwer  „Man kann sich durchaus ins Burnout maskieren.“
https://spektrakulaer.podigee.io/5-new-episode

zu LARP (Live Action Role Playing) und Pen-&-Paper-Spiele

https://de.wikipedia.org/wiki/Live_Action_Role_Playing

https://de.wikipedia.org/wiki/Pen-%26-Paper-Rollenspiel

Zur Unterscheidung zwischen dem heute gängigen Begriff des Autismus- Spektrums
und der Idee von vermeintlich „schwachem/mildem bzw.starkem“ Autismus
https://autismus-kultur.de/autismus-definition-und-formen/

Sucht und ADHS
https://www.adhs-deutschland.de/begleitstoerungen-sucht/adhs-und-sucht


Hilfe und Infos zu Depression und Suizidalität
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/start

Notfallkontakte bei Suizidalität https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/

https://www.telefonseelsorge.de/sorgen-themen/suizidpraevention

Suizidalität im Autismus-Spektrum
https://www.autisten.info/ignoriertes-risiko-suizidalitaet-im-autismus-spektrum/

Coping-Strategien/Masking-Strategien

im Autismus-Spektrum bzw. im neurodivergenten Spektrum https://ellasblog.de/autismus-und-masking-der-preis-von-anpassung-und-die-realitaet-des-nicht-maskieren-koennens/

Masken ab: Über Autismus und das Verstecken des wahren Ich

https://www.zeit.de/zett/2020-07/masking-menschen-im-autismus-spektrum-erzaehlen-vom-stress-sich-im-alltag-anpassen-zu-muessen

Zur Medikation bei ADHS

https://www.gesundheitsinformation.de/behandlung-von-adhs-bei-erwachsenen.html

zum Metylphenidat

https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Methylphenidat_1306

Zur Episode 1 mit Bianca Bräulich „Es gibt Dinge, die dringend nach außen müssen“
https://spektrakulaer.podigee.io/2-new-episode

Zur Prokrastination
https://www.therapie.de/psyche/info/ratgeber/lebenshilfe-artikel/prokrastination/artikel/

Die Verbindung zwischen ADHS und Prokrastination: Einfluss von Selbstkontrolle und Perfektionismus
ADHS Prokrastination: Definition & Tipps

Überempfindlichkeit gegen soziale Ablehnung

https://www.adxs.org/de/page/44/rejection-sensitivity-kraenkbarkeit-angst-vor-zurueckweisung-als-spezifisches-adhs-symptom

Zum Einfluss des Menstruationszyklus auf die  ADHS/

https://www.derminiadhscoach.com/living-with-adhd/adhd-menstrual-cycle

Autismus Elternkreis im Martinsclub Bremen

Einladung zum Autismus-Elternkreis am 24.6.2025

Body-Doubling

https://www.morgenpost.de/ratgeber-wissen/article407537318/adhs-body-doubling-tiktok-trend-neurologin-tipps.html
Bodydoubling
Aufmerksamkeitsfokus durch stille Anwesende

Zu BigBlueButton, eine Open-Source-Videokonferenz- Anwendung

https://de.wikipedia.org/wiki/BigBlueButton

https://www.bigbluebutton-hosting.de/

Nach oben scrollen