„Es hätte mir so geholfen, mich weniger anzupassen.“
Mit Anne Kirkham, Geisteswissenschaftlerin, mehrfach neurologisch anders, Mutter
Erscheinungstermin: 18.03.2025, Autorin: Mirjam Rosentreter
Vorweg ein paar Hinweise:
In unserem Podcast reden wir über Dinge, die vielleicht bei euch etwas anstoßen.
Bitte beachtet:
1.) Unsere Gespräche geben persönliche Erfahrungen wieder und erfüllen keinen wissenschaftlichen Anspruch. Das Hören oder Lesen unseres Podcasts ersetzt keinen Besuch in einer Praxis oder Beratungsstelle. Fühlt euch ermutigt, offen auf Menschen in eurem Umfeld zuzugehen. Oder sprecht Fachleute in eurer Nähe an.
2.) Fragen und Rückmeldungen könnt ihr über hallo@spektrakulaer.de an uns richten. Oder ihr kontaktiert uns auf unserem Instagram-Kanal @spektrakulaer_podcast. Gerne versuchen wir auf Themen einzugehen, die Euch interessieren. Persönliche Fragen zu Diagnostik oder Therapie können wir leider nicht beantworten.
3.) Im folgenden Abschnitt haben wir für euch unsere Sprachaufnahme transkribiert, also verschriftlicht. Als Text aufgeschrieben ist gesprochene Sprache nicht immer ganz korrekt und eindeutig verständlich. Das Manuskript entspricht auch nicht einem journalistisch überarbeiteten Interview.
4.) Dieser Podcast ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Wenn ihr uns oder unsere Gäste irgendwo zitieren wollt, bleibt fair: Achtet auf den Gesamtzusammenhang und denkt bitte immer an die Quellenangabe.
Im Zweifel gilt die schöne alte Regel: Lieber einmal mehr nachfragen.
Vielen Dank für eure Neugier und euer Verständnis!
Mirjam & Marco
…
Transkript zu Podcast Folge 15, erschienen am 18.03.2025
„Es hätte mir so geholfen, mich weniger anzupassen“
Autorin: Mirjam Rosentreter
Hinweis: Dieses Transkript gibt gesprochene Sprache wieder. Der Text wurde behutsam redaktionell überarbeitet. Ziel ist es, das spontane Gespräch möglichst natürlich wiederzugeben. Deshalb dürfen sprachliche Ungenauigkeiten bleiben. Damit sich der Text leichter lesen lässt, ist die Zeichensetzung angepasst. Sie berücksichtigt die Sinneinheiten und Pausen, wie sie im Mündlichen typisch sind. Das heißt: Statt langer Bandwurmsätze gibt es öfter mal einen Punkt. Oder auch drei, wenn jemand kurz nachdenkt oder nach den richtigen Worten sucht. Dann kann ein angefangener Satz auch mal einfach ab…
Und nun, viel Freude beim Lesen!
Intro
Musik: (Joss Peach: Cherry On The Cake, lizensiert durch sonoton.music)
Sprecher: Spektrakulär – Eltern erkunden Autismus.
Mirjam Rosentreter: (Moderatorin/Host): Hallo. Mein Name ist Mirjam Rosentreter. Ich bin Journalistin, Mutter eines Sohnes im Autismus Spektrum, und ich mach das hier nicht alleine: Bei mir ist Marco Tiede.
Marco Tiede: (Co-Moderator/Co-Host): Ja, Moin! Ich bin auch Vater eines Jungen im Spektrum, und ich arbeite Therapeut und auch als Berater.
Mirjam Rosentreter: Es gibt zu dieser Langversion unseres Podcasts auch eine kurze, den Kurzpod. Ein Manuskript zu dieser Folge findet ihr auf unserer Seite spektrakulaer.de.
Intro-Ende: Musik + Geräuscheffekt (Klapper)
Sprecherin: HeutemitAnne Kirkham, Geisteswissenschaftlerin, mehrfach neurologisch anders, Mutter.
Mirjam Rosentreter: Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer! Ich stelle für euch heute eine Frage in den Raum. Auch wenn ich weiß, dass ich keine Antwort erwarten darf. Aber ihr könnt uns ja hinterher schreiben. Würden wir uns sowieso drüber freuen. Also: Was macht ihr eigentlich, während ihr unseren Podcast hört?
Also, erledigt ihr nebenbei irgendwas Lästiges? Wie den Abwasch oder die Wäsche? Überbrückt ihr mit dem Podcast langweilige Wartezeiten? Oder Fahrten mit dem Zug oder dem Auto? Vielleicht müsst ihr aber auch ganz bewusst eure Hände beschäftigen, damit eure Gedanken nicht zu sehr abschweifen. Oder ihr reguliert damit eure Emotionen. Dann geht es euch vermutlich so wie unserem heutigen Gast:
Herzlich willkommen, liebe Anne.
Anne Kirkham: Danke.
Mirjam Rosentreter: Hallo nochmal, Marco.
Marco Tiede: Ja, moin.
Mirjam Rosentreter: Hast du heute auch dein Strickzeug dabei?
00:01:40
Anne Kirkham: (Hinweis zum Leseverständnis: Anne spricht mit amerikanischem Akzent) Nein, tatsächlich habe ich keine Textilien dabei. Weil manchmal, wenn es um sowas intellektuell Interessantes ist, dann habe ich Notizen. Dann schreibe ich. Und meist, wenn ich euch zuhöre, tatsächlich bin ich am Fahrradfahren.
Marco Tiede: Ah, ja stimmt. Auf dem Fahrrad höre ich auch oft Podcast. Und zum vermeintlich lästigen Hausarbeiten hätte ich einen kleinen Einspruch: Abwaschen ist nicht lästig! Abwaschen ist Meditation.
Mirjam Rosentreter: Ja, das ist so die sehr achtsame Herangehensweise daran. Ich habe sie nie gelernt so richtig für mich anzunehmen. Ja. Ja.
Ich habe gehofft, dass du vielleicht eine Tasche rausholst. Und Wolle und Stricknadeln. Denn so kennen wir dich in unserem Elternkreis. Wo du seit etwas mehr als einem Jahr ein Stammgast, Stammgästin bist.
Anne Kirkham: Ja, entweder häkeln, nalbinding oder nähen. Ich kann noch nicht stricken.
Mirjam Rosentreter: Was war das in der Mitte?
00:02:38
Anne Kirkham: Nalbinding. Das ist so eine urzeitliche Textilientechnik. Eher so geknotet. Bevor die Häkeln und Stricken entdeckt haben oder erfunden haben. Aber das habe ich eine Weile vergessen. Also meist sind das so irgendwelche kleinen Änderungsaufträge. Und das dann mit der Hand zu machen in Sitzungen, finde ich sehr meditativ tatsächlich. Also Sachen mit der Hand zu nähen, finde ich wirklich entspannend.
Marco Tiede: Und ich glaube auch, dass das sowieso zur Fokussierung sehr hilfreich ist. Ich erlebe das auch in Therapie immer wieder. Dass da auch die Menschen, die da zu uns kommen, sich verschiedene Dinge nehmen. Um besser reden zu können. Sie wissen ja auch: Bei uns gibt es nicht die Erwartungshaltung, dass wir uns die ganze Zeit ins Gesicht starren müssen. Dann gibt es eben Leute, die sehr vertieft irgendwas in der Hand haben.
Und kneten. Einer hat zum Beispiel sehr gerne immer so einen Knetballen. Der ist ein bisschen kleiner als eine Kinderfaust. Und macht da immer so Gesichter und Ornamente und Frisuren an diesen Kopf. Und das fokussiert ihn so. Und lässt ihn, glaube ich, den Stress des Alltags einigermaßen ausblenden. Und da gibt es dann ja viele Spielarten. Wir haben auch kinetischen Sand – den finde ich ganz aufregend manchmal (kichert).
Mirjam Rosentreter: Das ist der, der so aneinanderklebt.
Marco Tiede: Ja, es ist so ein Sand, der irgendwie … Da habe ich mich mal belesen, warum der so funktioniert. Ich dachte, das muss irgendeine gefährliche chemische Sache sein. Aber das ist ein Sand, der hat noch eine ganz spezielle Quarz-Sand-Mixtur da drin. Die ihn dann so fast wie feucht erscheinen lässt. Aber er ist nicht feucht. Der ist eben nur feiner granuliert. Und dadurch hat er diese eigenartige Konsistenz, die sich so leicht formen und verändern lässt. Und auch sehr leichte Abdrücke abnimmt. Wenn man da irgendwelche Formen draufpresst.
Anne Kirkham: Ist sehr schön. Ist eigentlich auch so haptisch schön. Weil: Es bleibt auch nicht kleben an den Händen.
00:04:43
Marco Tiede: Genau, genau. Und das bleibt auch nicht kleben. Das ist dann das, was dann viele an Knete oder gar an Ton sehr unangenehm finden. Andere wiederum lieben Ton. Aber die meisten waren bei Ton immer so ein bisschen: Ah nee! Das ist mir so bäh! Da hat man Zeug so an der Hand. Oder auch, wenn ich … Gut, das ist nochmal was anderes: So diese sensorischen Empfindungen, die Menschen zu Alltagsgegenständen haben. Das, wenn wir zum Beispiel in der Küche was machen. Und manche Menschen dann sagen: Ach, ich muss das Mehl ganz schnell wieder abwaschen! Kann ich nicht an der Haut haben. So.
Anne Kirkham: Ja, das ist bei mir so. Manche Teigsorten oder irgendwas, wo man das mit der Hand machen muss. Mache ich, um das Essen zu Liebe. Aber ich muss mich wirklich zusammenreißen. Und so ein bisschen ausblenden, dass ich eigentlich total ungern Sachen an den Händen geklebt habe.
Und das war tatsächlich bei mir in der frühesten Kindheit. Also in der Krippe sogar. Dass meine, die Erzieherin, meine Mutter angerufen hat. Dass ich nach Hause geschickt werden soll. Weil ich nicht mit der Fingermalfarbe malen wollte. Ich kann mich daran erinnern. Und meine Mama so: Nee, die ist so! Also ich weiß nicht, ob ich schon die ADHS-Diagnose hatte. Ja, glaube ich schon. Aber niemand hatte natürlich Ahnung damals.
00:05:59
Marco Tiede: Hhm, klar.
Anne Kirkham: Meine Geschwister haben dann ein Loch gebuddelt. In der Erde, im Garten. Und haben dann ihre Badeanzüge angezogen. Und mit dem Gartenschlauch in diesem Loch gestiegen. Und ich fand das so widerlich! Ich hab‘ … Wie so wie Schweine in so Bilderbücher. (Marco lacht auf)
Ich stand daneben und hab so leicht gezuckt. Aber die lieben das!
Marco Tiede: Jaja. Aber so haben wir diese Spannweite: Von sensorischen Empfindungen, die manchen völlig zuwider sind. Bis hin zu anderen, die dann sagen: Genau das bringt mich gerade hier wieder in den Fokus.
Anne Kirkham: Ja, wir haben einmal in der Selbsthilfegruppe genau das. Und so viele Leute haben so viel so: Mit Geschmack und mit Mundkonsistenz, also mit Essen. Und ich bin absolut sinnessuchend. Und so … Sagen wir mal so: Scharfes thailändisches Essen ist so ein comfort food (Wohlfühlessen) für mich! Also es irgendwie so tut mir gut so. Wenn ich einfach so ein paar Gabeln Kimchi aus dem Kühlschrank nehme. Und dann auch mit so Etiketten oder so Sachen auf der Haut: Und ich bin nicht so!
Und dann ging es um die Essensreste unten in der Spüle. Und das ist für mich so … Ja ich kann so kampfsportlich und verschiedenes, sehr aufregende Sachen machen. Aber dann scheiter an dieses Zeug da unten in der Spüle.
Marco Tiede: ImAbfluss da, ja.
Anne Kirkham: Oh! (lacht) Das ist der Teufel! Und es ist total lustig. Und dann haben wir alle gelacht. Weil: Die hatten überwiegend so mehr Empfindlichkeiten um Geschmack und Gewürz und Mundkonsistenz. Und Sachen wie Haferflocken oder Kiwis. Also die – für mich ist alles normal. Weil, ich esse fast alles. Und ähm ja. Und dann habe ich das auch mit Fingermalfarbe. Und so: Zuck, zuck. Und es war sehr, sehr lustig. Weil, ich glaube mindestens, dass ich nicht am Essen oder am Stoffe so empfindlich bin. Wie überhaupt meine Kinder zum Beispiel. Oder so: Manche wollen keinen, keinen Kapuzenpulli haben.
Mirjam Rosentreter: Und andere laufen den ganzen Tag mit dem Kapuzenpulli rum.
00:08:06
Anne Kirkham: Ja. Oder dieses barfuß. Oder keine Schuhe. Oder diese ganze Dinge im Internet jetzt mit so Löffel und Besteck. Das: Oh, dieses Löffel ist furchtbar! Kann ich nicht damit essen! Sowas geht an mir absolut vorbei. Aber: Ich höre Elektrizität.
Marco Tiede: Oh!
Anne Kirkham: Und ich höre diese Hundepfeifen. Und ich höre Sachen, die andere Menschen nicht hören.
Marco Tiede: Da bist du auditiv sehr…
Anne Kirkham: Mega!
Marco Tiede: …sensibilisiert. Ja.
Mirjam Rosentreter: Hier jetzt auch gerade? Wo wir hier im Studio sitzen?
00:08:31
Anne Kirkham: Da muss ich hier sitzen und hören, ob ich irgendwas höre. (Pause)
Ja, ich höre leicht so ein ganz, ganz, ganz feines Summen von den Geräten. Das ist kein Problem. Also ich weiß, dass solche Sachen existieren. Aber ich habe einmal neulich meine Therapeutin, die sich langsam auch ausbildet zum Thema Autismus, irgendwas erwähnt. Zum Beispiel die Heizung. Und sie so: Oh! Und es war hinter ihr. Sie hat es runtergedreht.
Ich bin es gewöhnt. Da kommen wir zu dem Thema Maskieren. Ich bin es gewöhnt, einfach auszublenden. Weil ich weiß, dass andere Leute das nicht hören.
Mirjam Rosentreter: Meine Eingangsfrage nach dem Stricken … Ich gebe es zu, war ein bisschen verkopft. Und ´n Trick. Weil ich versucht habe, mir zu überlegen: Wie kommen wir denn mit einem schönen, leichten Einstieg zu unserem Thema von heute? Du hast das Strickzeug nicht rausgeholt. Aber dir so ein – Fidget nanntest du es – so einen Ring mitgebracht.
00:09:28
Anne Kirkham: EinMassage-Ring. Die werden verkauft als Akupressur-Ring. Die gibt es auch für ein Handgelenk. Aber die sind zu groß für meine kleine Handgelenke leider. Und dieses hier ist so ein bisschen … Wie heißt das? So Messingfarbe. Und glänzt. Und ich kann es ein bisschen hoch und runter schieben. Und neulich musste ich – oder hab‘ freiwillig – so simultan gedolmetscht. Für einen Lehrer von mir. Der, nebenbei gesagt, auch ein Fidget-Toy von mir geschenkt bekommen hat. Und ich hab´ die ganze Zeit … Während ich diesen super komplexen intellektuellen Inhalt ins Deutsch übersetzt habe, habe ich eins davon hier gehabt. Weil: Das hilft dann ein bisschen vielleicht, besser mit der Sprache zu fokussieren.
Mirjam Rosentreter: Und hast du das vor 2, 3 Jahren auch schon ganz offen so gemacht? Oder hast du es dich noch nicht getraut?
00:10:17
Anne Kirkham: Nur seit meinerDiagnose. Aber ich hab´ die erst … Mir sind die erst begegnet in eine Reha. Wo ganz viele andere Leute mit entweder spät Neurodivergenz-Diagnosen oder halt vermuten bei sich selbst. Also, es kam nie von irgendwelche Profis. Ich glaube, das war die eine Kollegin aus Köln. Hat mir das mal beigebracht. Also die hat mir eins geschenkt. Und dann habe ich gesehen, dass du sie in Massen kaufen kannst im Internet. So Therapiebedarf. Und ich habe immer eins in der Tasche. Aber auch so ein Halsbonbon. Und auch immer ein Stift, falls ich was aufschreiben muss.
00:10:52
Mirjam Rosentreter: Und der Stift – meintest du vorhin – der war früher immer deine Tarnung. Damit kann man schön herumspielen. Heißt das eigentlich Fidschen? Herumspielen?
Anne Kirkham: Fidget. Ja, Fidget ist mehr so das Nervöse. Es hat was so Negatives.
Mirjam Rosentreter: Okay.
Anne Kirkham: Ich habe Leute hier in Deutschland gehört, die das Wort Skills nutzen dafür. Das, finde ich, passt nicht.
00:11:11
Marco Tiede: Ja, es kommt so aus der Ecke der Leute mit Identitätsstörungen, sogenannt, ne?
Mirjam Rosentreter: Oder mit Störungen der Emotionsregulation bei Borderline und so.
Marco Tiede: Ja. Aber da aus dieser Traumata-Bearbeitungsecke. Daher kommen diese Skills. Sind ja letztlich auch kleine Werkzeuge, Fähigkeiten. Um eben sich in bestimmten belastenden Situationen regulieren zu können. So ist es ja dann im Autismus Spektrum dann auch. Um die Reize einigermaßen aushalten zu können in bestimmten Situationen.
Anne Kirkham: Oh, das ist spannend! Ja. Ich habe irgendwann in einem von den englischen Podcasts aufgeschnappt die Idee: Wenn du das Haus verlässt, dass du ein Halsbonbon nimmst. Und das mache ich seit Jahren oder so. Verlasse die Arbeit. Bevor ich mich aufs Fahrrad steige. Dann habe ich so ein Halsbonbon für den Weg. So ein Wegebonbon. (Mirjam schmunzelt)
Und dann ist es mir bewusst, dass das auch so ein bisschen so den Status wechsel vom geschlossenen Raum. Oder ich betrete den Raum. So. Okay. So, reiß mich zusammen! Und ich habe das tatsächlich neulich erlebt, dass ein autistischen Bekannten auch nach so einem scharfen Bonbon gefragt hat. Weil es dieser Person nicht gut ging. Und dann wusste ich, was das ist. Und die anderen Leute, die da waren, haben das nicht gewusst.
00:12:30
Marco Tiede: Ich nutze tatsächlich scharfe Minzbonbons auch als eigene Stimulation. Wenn ich gerade ein bisschen (Miauen) – müde bin.
Mirjam Rosentreter: Was war das für ein Geräusch? (Marco lacht)
Anne Kirkham: Sorry.Ich dachte, ich hab’s ausgemacht. (Mirjam lacht) Das ist meine Katze. Sie schickt mir immer ein SMS, weil sie mich vermisst. (Marco lacht auf) Nein, es ist mein … Mein SMS ist tatsächlich eine Katze.
Marco Tiede: (belustigt)Ja, das fand ich so lustig. Beim letzten Mal, um noch mal kurz auf das Miauen ein… Da lag dein Handy bei mir in der Küche. Du warst irgendwie gerade anderswo unterwegs. Und plötzlich miaute das Handy. Ich dachte: Ist hier ´ne Katze auf dem Fensterbrett in der Küche? Und dachte: Wo kommt die Katze her? Und dann war das dein Handy, das da so miaute.
Jedenfalls, Ähm. Die scharfen Minzbonbons. Die nehme ich, wenn ich merke: Ich werde gerade ein bisschen müde oder unaufmerksam. Und dann haue ich mir davon zwei Stück rein, um mich dann wieder ein bisschen wacher zu bekommen. Und als du vorhin von diesen scharfen Lebensmitteln erzählt hattest. Die dir so eine innere Stimulation geben. Da konnte ich mich ganz gut wiederfinden. Ich bin manchmal auch auf der Suche nach scharfen Lebensmitteln zu Hause. Und muss mich irgendwie so anregen damit.
00:13:43
Anne Kirkham: Ja.
Mirjam Rosentreter: Um anderen Stress vielleicht loszuwerden.
Marco Tiede: Auch, ja.
Mirjam Rosentreter: Als du das erste Mal zu uns in den Elternkreis gekommen bist, vor etwas mehr als einem Jahr … Weißt du noch, wann das war?
Anne Kirkham: 30. Januar 24.
Mirjam Rosentreter: Wow! Merkst du dir solche Daten?
Anne Kirkham: Nee.Das war mein Geburtstag. (lacht)
Mirjam Rosentreter: Ach so. Oh! Hast du dir damit ein Geschenk gemacht?
Anne Kirkham: Ja. Weil, das war ein sehr stressiger Tag. Mit vielen ungewollten und unerfolgreichen Bürokratie-Krams.
Marco Tiede: Ja, davon hattest du erzählt.
Anne Kirkham: Und dann war ich das erste Mal bei euch und dachte so: Wow! Die wollen das wirklich wissen! Und hier gibt es Leute mit ähnlichen Problemen. Und nicht: Wirklich jeder von uns alleine.
Marco Tiede: Hhm. Ja.
00:14:23
Mirjam Rosentreter: Du hast dich damals in der Vorstellungsrunde vorgestellt mit dem Satz: Hallo, ich bin … Ich meine, da hast du noch gesagt Anne (englisch ausgesprochen) oder Anne? Ich bin hier wegen meines großen Kindes. Und weil ich selbst Autistin bin. Ich bin hier, um zu lernen.
Anne Kirkham: Ja.
Mirjam Rosentreter: Und vor allem, hast du gesagt, muss ich noch lernen abzumaskieren.
Anne Kirkham: Ja, genau.
Mirjam Rosentreter: Und was das bedeutet, darüber – haben wir uns gemeinsam überlegt – wollen wir heute sprechen. Also dazu gehört ja auch so ein Ring, wie du den da hast, in der Öffentlichkeit zu benutzen. Stricken, was ich am Anfang meinte.
Marco Tiede Oder eben häkeln, ne?
Mirjam Rosentreter: Das kennt man nur von früher, ne? So strickende Schüler unter dem Tisch, die ihren Lehrer provozieren wollen. Oder habe ich da komische Bilder im Kopf? Ich führe gerade weg. (Marco lacht) Ich wollte eigentlich … Also wir wollen gerne heute mit dir darüber sprechen, was du unter Abmaskieren verstehst. Über Masking haben wir ja schon ganz häufig hier im Podcast gesprochen.
Und vor allen Dingen ist bei dir das Besondere, dass du die erste Person bist in deiner Familie. Über viele Generationen vermutlich auch hinweg. Die ihren Autismus entdeckt hat. Und so auch auf ihre Familie zurückschaut und da so vieles entdeckt. Und ihrer eigenen kleinen Familie jetzt mit ihrem eigenen Wissen versucht beizubringen, wie das geht.
Anne Kirkham: Genau, genau. Also wie das geht mit dem Abmaskieren. Das ist so ein aktuelles Ding bei mir. Dass ich mich tatsächlich erlaube so ein Fidget-Ring in der Öffentlichkeit. Oder dass ich mich erlaube, ähm … Ja wirklich mich erlaube, das zu machen, was ich brauche. Also wenn ich so Nähzeug mitnehme zu einer langweiligen Sitzung. Das hätte mir in meinem Leben so viel geholfen! Wenn ich so – ja: Mich erlaubt habe, mich nicht immer so anzupassen. Ähm, zu dem Maskieren: Das ist wirklich, das ist wirklich ein schwieriges Problematik. Und ich habe meine Diagnose 21, 1. September 21 bekommen.
Mirjam Rosentreter: Da warst du 48.
Anne Kirkham: Da war ich 48. Und äh … Aber es war auch meine dritte ADHS-Diagnose. Das heißt, es war denen bekannt. Seit 1976. Aber was mit mir gemacht war … Ja: Keine Aufklärung.
Also durch Maskieren lernen kleine Kinder – und auch viele, die feinfühlig sind und irgendwie das schnallen können – wie die wirken bei anderen. Also wir versuchen immer unser Eindruck zu managen. Und zu kontrollieren. Immer uns zurücknehmen. Immer reflektieren, immer einen super kritischen Blick auf uns selbst.
Damit wir das verstecken, dass wir anders sind. Dass wir andere Wahrnehmungen haben. Also, ein paar von meinen frühesten Erinnerungen sind von dieser Ablehnung. Dass das, was ich wahrnehme oder wie ich kommuniziere, absolut nicht in Ordnung ist. Also ich rede von zwei, drei, vier Jahren alt.
00:17:22
Und das ist wirklich schwierig. Weil: Es gibt so eine … Also es passt nicht. Es reiht sich nicht auf mit dem, wie die Gesellschaft mit einem umgeht. Und das, was in einem los ist. Oder unsere Bedürfnisse.
Es ist sehr schwer für uns, dann immer wieder anzupassen. Und das ist eigentlich … Das stresst uns eigentlich. Weil wir immer dauernd in so einen toxischen Stress kommen dadurch.
Aber, wenn du keine Wahl hast. Und keine Diagnose hast. Und keine klaren Informationen hast. Dann weißt du das nicht. Und ich denke so immer: Ich hätte gerne die Diagnose zwei Jahre früher oder fünf Jahre früher. Aber schweige von, wie mein Kind eben, eine Spätdiagnose mit 15 hatte.
00:18:13
Marco Tiede: Was mir gerade noch zum Verständnis … Also zum Demaskieren gehört zum einen ja auch die Selbsterkenntnis. Darüber, dass das, was ich dann tue, ja eben nicht verkehrt ist. Wie es sonst die Gesellschaft suggeriert. Die dann sagt: So wie du bist, bist du nicht in Ordnung. Sondern zu sagen: Doch, bin ich! Aber eben auch die Selbsterkenntnis darüber, dass du das nicht mehr unterdrücken musst. Weil du ja weißt, du bist in Ordnung, wie du bist.
Anne Kirkham: Ja, du bist eine Minderheit in der Gesellschaft. Und dabei kriegst du zurückreflektiert immer, dass du falsch bist. Wenn du Elektrizität hörst. Also ich nenne das immer als so ein lustiges Beispiel. Und muss immer sozusagen die Brille auf: Wie wirke ich auf anderen? Und dabei ist alles kontrolliert. Gesichtsausdruck, Körperhaltung. Ich meine, das kommt auch so: Als Mädchen großgezogen zu werden in den 80ern. War ganz viel auf so: Benimm dich wie eine Dame!
Marco Tiede: Damals noch in den Staaten, oder?
Anne Kirkham: Ja, genau.
Mirjam Rosentreter: Du bist in den USA aufgewachsen.
Anne Kirkham: Genau. Ich bin in Kalifornien groß geworden, genau.
Mirjam Rosentreter: Und im Staat Washington hast du auch gelebt eine Zeitlang.
Anne Kirkham: Ich habe in Seattle gelebt. Und meine Familie wohnt alle jetzt in Portland, Oregon. Also dazwischen, also Westküste. Ich habe aber auch in New York gelebt. Das ist die andere Küste. (schmunzelt)
Mirjam Rosentreter: Du warst Anne (Englisch ausgesprochen). Und heute bist du Anne. Hat das….
00:19:49
Anne Kirkham: Ich bin Anne. Seit ich in Deutschland wohne, lieber die deutsche Aussprache.
Mirjam Rosentreter: Warum?
Anne Kirkham: Es klingt besser (Mirjam schmunzelt). Ich hatte eine Freundin, die hieß … Auf Deutsch wäre es Thea. Und auf Englisch heißt sie Thiiiaa (überbetonend). Und sie war immer so: Aeeenn, dear (überbetonend, Marco lacht). Wir haben immer Witze darüber gemacht. Eigentlich fand sie Thea schöner. Und ich finde Anne schöner.
Mirjam Rosentreter: Er hat nicht dieses Quengelnde da mit drin.
Anne Kirkham: Ja genau.
Mirjam Rosentreter: Jaja. Interessant.
Marco Tiede: Zumindest assoziieren wir das so, ne?
Anne Kirkham: Ich gehöre zu den autistischen Menschen, die ihren Namen nicht mögen. Sowieso und nicht mit Namen gerufen werden. Aber so ist es ein bisschen angenehmer.
Mirjam Rosentreter: Also nochmal für alle, die dich noch nicht so gut kennen wie wir – mutmaßlich. Zumindest durch unsere Gespräche. Oft auch noch nach den Elternkreisabenden…
Anne Kirkham: Ja, mega! Afterparty!
Mirjam Rosentreter: … Würde ich dich gerne nochmal ein bisschen vorstellen. Ich habe versucht, aus den Notizen was zusammenzusuchen. Und aus dem, was man über dich im Internet recherchieren kann. Und mach mal eine kleine Vorstellung. Du darfst gerne protestieren, wenn da irgendwas blöd ist. Also: Hier sitzt Anne Kirkham… Kommt übrigens… Äh, ist so ein schöner Name. Der Ort an der Kirche, oder?
Marco Tiede: Kirkham?
Anne Kirkham: Ja, wie Nordenham…
Mirjam Rosentreter: Klingt so klein und gemütlich.
Anne Kirkham: Ist irgendwie ähnlich, verwandt. Also, wenn ich irgendwo bin bei irgendwelchem Amt, und die sagen: Ja, die Frau mit dem komischen Namen. Und ich denke so… Ich habe neulich irgendwelche Leute gesagt: Ja, ich habe so linguistisch gehört. Ist eigentlich ähnlich wie Nordenham. Und dann die Leute so: Ach?
Mirjam Rosentreter: Es gibt ein sehr edles Porzellan aus Fine Bone China, das Kirkham heißt.
Anne Kirkham: Genau, das ist ein Ort in Lancashire. Da kommt die Familie von meinem Papa her. Da waren wir tatsächlich einmal.
Mirjam Rosentreter: An der englischen Westküste.
Anne Kirkham: Da kommt meine Familie her. Aber so 1700 irgendwie fast.
Marco Tiede: Ah, okay.
00:21:34
Mirjam Rosentreter: Das war so ein Nebengleis in der Recherche. Und ich habe eigentlich gedacht: Das begehe ich jetzt nicht. Jetzt habe ich es doch gesagt. Ich möchte keine…
Marco Tiede: Dannhalte ich doch lieber meine Assoziation zurück, die ich zu Kirkham hab (Mirjam lacht). Weil für mich ist das mal ganz nah an Kirk Hammett (kichert). Den Metallica-Sänger (Was nicht stimmt: Er ist der Gitarrist). (kichert)
Anne Kirkham: Ah! Und es gibt auch den Bild von Captain Kirk von Star Trek.
Marco Tiede: Jaha.
Anne Kirkham: Und dann auch: Er hält so ein Schinken. Also ein großes Stück, was ein Ham ist auf Englisch. Also da gibt ein Kirkham Street in San Francisco, was nach uns benannt ist. Und mein Bruder hat mir mal ein Foto geschickt. Also, da oben ist auch so Captain Kirk. So ganz kitschig mit so Ham.
00:22:08
Mirjam Rosentreter: Also, die Straße ist nach Vorfahren von dir benannt? Was hattest du denn für berühmte Vorfahren?
Anne Kirkham: Die sind einfach früh nach Kalifornien gegangen. Und waren in der ganzen Goldgräber-Geschichte so. Aber die sind nicht … Eigentlich, das waren zwei Stränge. Und die mit der Straße sind die Reiche. Also zwei Brüder. Und eine versucht Gold zu finden und gräbt nach Gold. Und der andere gräbt um die Goldgräber und wird reich. Also so haben wir die Geschichte immer gehört. Der, der in der Erde buddelt und sich ausbeuten lässt. Und ganz wenig findet. Und der, der in der Stadt Sachen verkauft.
Marco Tiede: Der dann wieder den Verdienst hat, ja.
Anne Kirkham: Ja, genau. So haben wir das verstanden. So ist das. So zwei Brüdern oder zwei Stränge der Familie. Aber das ist meine Nachname und irgendwo mit mir verwandt auf dem Straßenschild, ja.
00:22:56
Mirjam Rosentreter: Heute – darauf kommen wir bestimmt – zählst du dich, glaube ich, selber zumindest nicht zu den besonders privilegierten Kirkhams.
Anne Kirkham: Nein.Ich weiß nicht, ob es die noch gibt. Ich glaube nicht, dass es die gibt. Kann sein, aber…
Mirjam Rosentreter: Ich meine es eher so: Deine Situation jetzt im Leben, hier in der Gesellschaft und so weiter. Aber jetzt noch kurz die kleinen Seitenwege eingefangen. Du bist leidenschaftliche Radfahrerin, erfährt man im Internet. Du warst auch Aktivistin, Fahrradaktivistin. Du hast irgendwann mal eine Doktorarbeit geschrieben, bist Politologin. Über Umweltgerechtigkeit und Verkehrswende, wie man sie sozial und umweltgerecht hinbekommt.
Anne Kirkham: Die Verkehrswende als Gegenstand der sozialen Gerechtigkeit.
Mirjam Rosentreter: Die hast du…
Anne Kirkham: Ich hab sie abgebrochen. Weil ich hatte einen autistischen Burn-out und dann konnte ich nicht sprechen.
00:23:45
Mirjam Rosentreter: Oh, Mann.
Anne Kirkham: Ja, 2022…, 21, 22. Das erste Mal, dass ich Sprachverlust hab`.
Mirjam Rosentreter: Also, es gab dann diesen Einschnitt in deinem Leben. Es hat dich umgekrempelt. Und danach hast du dein Leben umgekrempelt. Und bist unter anderem dann irgendwann auch bei uns im Elternkreis erschienen. Und hast viele nach dir gezogen. Also, seitdem du bei uns als neurodivergente Mutter, also als Mutter, die selbst auch im Autismus-Spektrum ist, bist, sind immer mehr dazugekommen, die sich im Elternkreis offen dazu bekennen. Das nochmal so am Rande. Und demnächst, ab kommendem Monat, arbeitest du als Beraterin in der Teilhabeberatung. Für das EUTB hier in Bremen.
Anne Kirkham: Genau.
Mirjam Rosentreter: In welcher Situation in deinem Leben ist dir das bewusst geworden, dass du Autistin bist?
00:24:42
Anne Kirkham: Also der Burnout kam nach meiner Diagnose. Also, ich wusste schon offiziell. Nicht nur selbst identifiziert, sondern offizielle Diagnose. Was wirklich schwierig war, weil die anderen Neu-Divergenzen ein bisschen maskieren oder im Weg stehen.
Ja, und dieses Maskieren und Performen als Mutter. Als Mensch. Als arbeitende Mensch in eine sehr schwierige Arbeitssituation. Dass ich mich wirklich in so ein extremstes Loch eingearbeitet habe, aber leider nicht wusste, was das war: Was autistische Burnout ist. Und was für andere Faktoren da wie Traumata so eine Rolle spielen.
Und war leider auch falsch diagnostiziert mit Depression. Und auch falsch behandelt. Mit einem Medikament, was mich absolut, meine körperliche Gesundheit absolut enorm beeinträchtigt hat. Und das war sehr, sehr unangenehm. Und das bleibt so ein bisschen so, ja, so eine medizinische Traumata so ein bisschen.
00:25:47
Mirjam Rosentreter: Du hättest du fast einen Herzinfarkt gehabt?
Anne Kirkham: Ja genau. Das Medikament habe ich nicht bekommen. Und der Arzt hat geantwortet mit: Dann doppeln wir den Dosis. Und ich habe 36 Tage lang genommen. So ein starken Antidepressivum, eigentlich kein Eingangsantidepressiva. Und fühlte mich nicht wohl. Und bin dann zu meiner Hausärztin gegangen. Und hatte solchen Blutdruck, was vorher wegen ADHS Medikament immer wieder getestet war und immer wieder in Ordnung war. Und ähm ja, diese Fehldiagnose Depression und diese Fehlbehandlung Antidepressiva.
Meine Hausärztin hat es versucht mit Nitroglycerin. Das ging nicht runter. Und dann hat sie einen Krankenwagen gerufen. Und war ich in der kardiologischen Notaufnahme eine Nacht, im LDW (Bremer Klinikum Links der Weser). Und immer wieder kardiologisch untersucht, immer wieder Belastungstests. Und sofort dann aufgehört mit dem Zeug. Und es ging mir sofort besser. Aber das war… So 36 Tage lang habe ich das genommen. Und um die 40 Tage lang habe ich Wirkungen davon gehabt.
Und das ist auch wirklich also dieses Resultat von: Wenn das falsche Wissen da ist und die falschen Diagnosen da sind. Es war keine Depression. Eher Panik als alles andere. Das mit dem fehlenden Wissen. Und ich habe den Arzt gesagt: Ich reagiere anders auf Substanzen. Ich meine, ich nehme Amphetamin, damit ich ruhiger werde im Kopf. Es ist ADHS-Medikament. Also man weiß das. Das hat eine Freundin von mir auch gesagt: Das ist eigentlich bekannt. Aber wie so viele Ärzte sind, hat er das ja nicht hören wollen. Oder nicht verstanden wieder. Und die dürfen sich auch nicht entschuldigen. Weil: Dann würden die sich irgendwie so klagbar machen oder sowas. Aber das war sehr, sehr, sehr schwierig. Also, ich bekomme mein ADHS-Medikament nicht mehr von dem Arzt.
00:27:47
Mirjam Rosentreter: Und danach hat dir dann aber eine andere Ärztin oder ein anderer Arzt geholfen und…?
Anne Kirkham: Niemand hat mich geholfen.
Mirjam Rosentreter: Hast du dich da selber rausgezogen?
Anne Kirkham: Ich hab dann nach Long Covid bekommen.
Mirjam Rosentreter: Oh shit.
Anne Kirkham: Ich war so geschwächt. Dass ich dann Corona bekommen habe, einen Monat später. Und war 22 fast das ganze Jahr schwach und sehr, sehr angeschlagen im Bett mit Long Covid.
Marco Tiede: Das ist dann auch diese Tragik dieser Unwissenheit auch unter den Ärzten. Wie du das ja schon angedeutet hast. Dass die Medikation gerade im neurodivergenten Spektrum, speziell aber auch im Autismus Spektrum, ja oft ganz anders wirkt. Und dann eben Neuroleptika oder Antidepressiva eben nicht die Wirkung entfalten, wie sie es sonst bei nicht-autistischen Personen.
00:28:32
Anne Kirkham: Wie sonst sowieso. Was sagt ein anderer Arzt? Also wenn man alle diese Drogen eine Note geben würde, wäre das so eine 4 oder 4-. Also eine Schulnote, allgemein. Diese ganze Antidepressiva, die sind wirklich nicht besser als Placebo. Und ich kenne ganz viele Leute, für mich, Freunde, so anekdotisch. In den USA es ist viel weiter verbreitet. Die diese Dinger jahrzehntelang nehmen und immer wieder was ändern und so weiter. Und letztendlich ganz viel leiden. Und ein paar davon haben tatsächlich ADHS und Autismusdiagnosen jetzt. Und jetzt geht es denen besser.
Aber ein anderer Faktor war wirklich, dass Frauen in meinem Alter auch Hormonschwankungen haben. Was auch ein Feld ist, wo ganz viel Ignoranz ist.
Das hat was mit meinem Zyklus zu tun gehabt. Und das habe ich dem Arzt auch gesagt. Aber niemand ist darauf eingegangen. Und dann, keine Ahnung, sechs Monate später hat meine Frauenärztin mir endlich Hormone gegeben. Und dann war diese Panik fast komplett weg. Brauchte auch ein bisschen justieren, aber so: Ja, selbstverständlich! Und sie war ganz hilfsbereit und so weiter.
Aber genauso wie neurodivergente emotionelle Schwierigkeiten kommen im Kleinkindalter. So 3, 4 soll auch so irgendwie ein Hormonenschub sein. Pubertät oder Vorpubertät sind auch diese Zeiten, wo so Hormonenschubse sind. Und auch die Wechseljahre. Und ich kenne so viele. Und gerade Frauen, die ADHS haben, haben das extrem in den Wechseljahren. Dass die das erst mit 40 bis 55 oder was auch immer ihre Diagnosen haben. Und erst wissen, dass die diese Impulsivität und ne? Also, ich kenne ganz viel. So, wie gesagt, anekdotisch. Ich bin keine Ärztin. Aber das ist so, wenn so viele Beispiele sich häufen. Das ist echt sehr spannend. Und das sind auch wieder Faktoren. Die, wenn man das nicht weiß, dann weiß man nicht, was los ist. Und dann kann man den Menschen nicht helfen. Also Wissen ist Macht.
00:30:37
Marco Tiede: Aber du hast so mehr oder weniger im Nebensatz ja auch so erwähnt, dass ja diese ganze Medikation, die es ja so gibt, ja meistenteils eher an männlichen Organismen erforscht wurde.
Anne Kirkham: Auch. Ja genau.
Marco Tiede: Und dann immer nicht klar ist: Wie wirkt das denn auf den weiblichen Organismus? Der ja nun mal auch hormonbedingt anders funktioniert als der männliche.
Anne Kirkham: Eigentlich nur hormonbedingt. Also, alle Menschen haben die gleichen Hormone, so wie ich das verstehe.
Marco Tiede: Ja, aber….
Anne Kirkham: Aber, sie haben verschiedene Schubse.
Marco Tiede: Ja richtig. Also auch… Aber das wäre ein anderes Thema: Auch Männer haben ja eine gewisse Art von…
Anne Kirkham: Zyklus.
Anne Kirkham: …Wechseljahren und Zyklen. Aber anders eben, ne.
00:31:13
Anne Kirkham: 24-Stunden-Takt, wie ich das verstanden habe. Das passt zu der Arbeitswelt (lacht, Marco auch). Statt 28 Tage oder 30 Tage oder was auch immer. So, ja. Habe ich irgendwo in nem anderem Podcast über Neurodivergenz gehört.
Marco Tiede: Aufgeschnappt, ja.
Mirjam Rosentreter: Also du hast dich dann einfach schlau gemacht zum Thema, als du Zeit dazu hattest.
Anne Kirkham: Ähm, nee. Tatsächlich, eine Freundin von mir hat ein Kind, was auch Ähnlichkeiten in manchen Hinsichten hat mit meinem großen Kind. Und das Kind hat, wie sie sagte, mit acht eine späte Diagnose gehabt. Und sie hat mich aufgemuntert, dass das vielleicht mich sein könnte. Und wir haben uns ganz viel darüber unterhalten. Falls Saskia das hört: Also danke, danke! Und dann bin ich zu einem ziemlich berühmten Arzt gegangen. Der dann in fünf Tage ziemlich, sehr ausführlich und sehr tief dann sowohl wieder ADHS, als auch Autismus, als auch wieder eine Hochbegabung. Und ich habe aber auch Greta Thunberg gesehen. Und wie ihr… sie das erlebt hat, als ihr Geschichte kam. Nicht mit dem Sprachverlust. Aber ihr ganze Sicht auf der Welt und „How dare you“ und diese ganze hat mich echt beeindruckt. Weil: Das ist sehr ähnlich zu dem wie ich das erlebe. Und Greta ist genau 30 Jahre jünger als ich, also hatte Geburtstag auch im Januar. Und die Erwachsenen haben auf sie gehört. Und der Umfeld war so ein bisschen freundlicher. Oder mindestens sie konnte so… ja, ihr Frust und ihr Speziellinteresse so ein bisschen kanalisieren. Und das war wirklich, wo es Klick gemacht hat bei mir. Ich habe irgendwann Oliver Sachs‘ Buch gelesen mit dem Man who mistook his wife for a hat.
00:33:11
Mirjam Rosentreter: Ja, der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselt.
Anne Kirkham: Genau. Da kam das mit Tempel Grandins Kapitel. Und…
Mirjam Rosentreter: Die Anthropologin auf dem Mars heißt das.
Anne Kirkham: Ja, ja, okay. Und da fand ich so: Oh, das ist interessant! Und ich habe mal irgendwas bei meiner Hochschuldozentenzeit, ein YouTube-Video gesehen. Von einer Frau, die nicht sprechen konnte. Und die ging durch den Raum und fasste so Sachen an. Und erzählte mit ihrer elektronischen Sprachhilfe, wie sie die Welt wahrnimmt und wie sie die Farben und die Konsistenzen wahrnimmt. Und da hat es auch ein bisschen leicht Klick gemacht bei mir. Also diese Sinneswahrnehmung. Und diese weniger Filter. Dass wir so viel auf so viele Kanäle aufnehmen.
Aber gerade, wie gesagt, dass ich meine Sinneswahrnehmungen so ein bisschen anders sind. Und mein ADHS und Hochbegabung meinen Autismus ausgelöscht haben. Oder beziehungsweise: Meine Hochbegabung hat dazu geführt, dass ich so maskieren konnte. Und merken konnte: Okay, hier bist du nicht willkommen. Oder: Nee, das war eben falsch. Stell dich nicht so an! Und schon als Vorschulkind jedes Jahr immer kleiner und immer weniger. Und immer mehr so vorsichtig und mehr maskiert.
Also ich habe das irgendwann ein bisschen zurückgefolgt. So mit fünf oder so habe ich schon angefangen.
Mirjam Rosentreter: Du hast mal über deinen Vater was ganz Trauriges gesagt. Du meintest: Ja, mein Vater ist auch Autist wahrscheinlich gewesen. Mein Großvater auch. Und dein Vater ist aber schon gestorben. Und er konnte sich leider nicht kennenlernen.
Anne Kirkham: Ja. Der hat sich nie wirklich kennengelernt. Der war maskiert. Der war wahrscheinlich auch ADHS-Autist. Und auch mit ein bisschen Legasthenie. Der war Zahnarzt. Der konnte so wirklich tief fokussieren, da rein in seine… Heilkunde. Und war sehr, sehr, sehr empathisch. Also er hat… Er wusste nicht, wohin mit sich. Und war mit seinem Bruder unterwegs als Junge, als 18, 19 Jährige in Mexiko. Und hat die ganz armen Leute gesehen, wie die kaputte Zähne haben und was das mit ihren Gesundheit macht. Und hat irgendwie gedacht: Okay, ich werde Zahnarzt! Und hat damals auch ganz viel in so Umsonstkliniken als, als Student, als Zahnarztstudent gemacht. Und immer auch seine Zahnheilkunde an so ein Altersheim und so Leute mit Suchtproblemen gespendet. Und war sehr, sehr gut und dadurch sehr beliebt. Aber hat sich immer so sehr verausgabt und sehr an anderen immer gedacht, mehr als sich selbst. Und sein wahres Ich war wirklich so ein paar Meter hinter dieser Fassade. Aber der war lieb. Und er hat sich wirklich… Er war auch Buddhist wie ich. Und er hat sich wirklich bemüht, ein netter Mensch zu sein.
Und er hat mir irgendwann vorgeworfen, als wir uns gestritten haben, dass ich irgendwie so eine Eigenschaft habe wie sein Vater. Und sein Vater hat sich selber Flugzeugingenieur und Raketeningenieur später beigebracht. Also im Zweiten Weltkrieg bei uns. Ein Mann, der gestudiert hat, ein weißer Mann mit einem Uniabschluss in Englisch. Dürfte dann Flugzeugingenieur werden. Und einfach so learning by doing, wie man hier sagt. Und hat erst mal Flugzeuge gebaut. Und dann war er so Raumschiffingenieur letztendlich und hat ein Team geleitet bei dem Space Shuttle. Alles das ohne das studiert zu haben. Und der war wirklich seltsam! Und der war wirklich unfähig, mit Menschen zu sprechen, als Kinder so irgendwie. Der hat immer in Floskeln gesprochen oder so Witze aus Werbung. Und so komische Disney-artige Comics gezeichnet. Und als mein Vater das gesagt hat, war ich echt beleidigt. So: Gott, bin nicht wie dein Vater! Also der war wirklich so peinlich. Aber der war auch stark gemobbt als Kind und emotionaler Missbrauch, also mein Großvater.
Mirjam Rosentreter: Was meintest du, emotionaler…?
Anne Kirkham: Missbrauch.
Marco Tiede: Peinlich ist er ja erst durch das Unverständnis des Umfeldes geworden. Weil: Ich erinnere mich noch, als mein Sohn seine Diagnose bekam. Da hatte ihn ja der diagnostizierende Arzt dann begrüßt mit: Du bist in bester Gesellschaft, willkommen!
Anne Kirkham: Ja, ja, genau.
Marco Tiede: Und für ihn war das ja am Anfang auch eine Erleichterung, so.
Anne Kirkham: Es ist eine Erleichterung. Also alle Leute, die ich kenne. Auch mein Kind hat die Diagnose in September bekommen mit 15 und seitdem geht es ihm besser. Also die Idee halt… Also du hast keine Info wirklich, wie du tickst. Aber du hast mindestens eine angehende…. Angehensweise, so eine Blaupause oder so ein bisschen so eine Skizze, was mit mir los ist. Und die meisten Leute… Also, ich habe Leute getroffen, die mit 60, 70 die Diagnose bekommen. Und das ist eine Erleichterung.
00:38:23
Marco Tiede: Klar. Also auch, weil es einem ja sozusagen die Schuld nimmt. Weil: Oft ist das ja verbunden mit Scham und Schuld, dass man eben nicht so dem Mainstream entspricht. Und offensichtlich oder möglicherweise falsch sein könnte, was wir vorhin schon sagten. Diese Demaskierung geht ja damit einher, dass ich für mich erkenne: Ich bin gar nicht falsch.
Oder Jason hat das ja vor einigen Monaten auch insofern auf den Punkt gebracht, sehr robust. Als er sagte: Wenn ich über den Begriff Wrong Planet Syndrome nachdenke, habe ich mal das Gefühl, eigentlich bin ich doch nicht falsch auf dem Planeten. Die Anderen sind doch die Falschen! Ich hadere nicht mit meinem Autismus. Also der ist dann schon, ich glaube auch durch die Begleitung seiner Eltern, schnell an den Punkt gekommen, dass er für sich gemerkt hat: Nee, nee, ich bin nicht verkehrt. Ich bin eben so. Oder wie ihm auch gesagt wurde: Du hast ja deine eigene Logik. Und er nur nachgefragt hat: Wieso eigene Logik? Ich bin doch überhaupt hier der, der die Logik hat!
00:39:25
Anne Kirkham: Ja: Ich bin logisch! Genau.
Mirjam Rosentreter: Dieses Thema Scham, das hatte ich mir auch notiert, dass wir darüber mit dir sprechen können. Weil du auch mal gesagt hast, im Zusammenhang mit diesem Abmaskieren. Dass du das immer noch versuchst und es oft nicht schaffst, weil du dich so schämst, überfordert zu wirken.
Anne Kirkham: Ja klar.
Mirjam Rosentreter: Wenn andere Menschen um dich rum sind. Weil dir das auch deine Mutter so vermittelt hat? Hast du….
Anne Kirkham: Alle, die ganze… Ja, aber so überwiegend meine Mutter, genau.
Mirjam Rosentreter: Wenn man diese Scham durch das Abmaskieren vielleicht auch ein bisschen los wird. Dann könnte das ja einen dicken Kloß im Hals lösen, könnte ich mir vorstellen. Also sich nicht mehr für zu schämen, so zu sein, wie du bist.
Anne Kirkham: Ja, aber das Ding ist: Wenn du auch so tief und so heftig maskiert bist und du nicht weißt, wer du bist. Weil, du machst das nur… Also du wohnst auf dem falschen Planeten. Und du versuchst, irgendwie deinen Sauerstoff zu bekommen oder was auch immer.
Aber es gibt keine Leute, die eine Autismusdiagnose bekommen mit zwölf, mit 15, mit 20 oder mit 40 oder mit 70, die sagen, die nicht sagen: Boah, das wäre gut, wenn ich das früher hätte! Also, fast alle sagen echt: Nur zwei Jahre oder zehn Jahre, also das hätte mich vieles so viel leichter gemacht! Und ich habe so …. Nicht so oft jetzt im Moment – ich glaube, so ein bisschen Bewusstsein ändert sich – aber immer wieder von Eltern gehört: Ja, ich will kein Etikett für mein Kind.
Und ja, das Kind ist wirklich seltsam und hat Autismus oder was auch immer. Und das Kind bekommt Etiketten! Ob das offizielle Diagnosen sind, womit man was anfangen kann. Oder: Boah! Warum bist du – also in meinem Fall – immer so dramatisch und immer so ernst? Und hörst du nicht auf, mal zu lesen?
Also ich habe es wirklich als Jugendliche, also Vorpubertät versuchen, ein Buch zu lesen auf dem Fahrrad (Mirjam lacht). Geht nicht, ging ein paar Meter, aber nicht weit. Deswegen höre ich gerne so Podcasts und Vorträge auf dem Fahrrad. Weil, das sind so zwei sehr schöne Dinge, die sich zusammen kombinieren.
00:41:39
Marco Tiede: Ja, es ist interessant mit diesen Etiketten oder Labels. Wird hier ja oft gesagt, dass das oft so eine mitschwingende Angst und Bedenken von Eltern sind. Wenn denen gesagt wird: Lass doch mal dein Kind testen. Und die sagen: Nee! Wir müssen dem ja nicht noch einen Stempel oder ein Label aufdrücken. Aber, wie du ja sagst: Die Label existieren längst. Dann ist es der komische Kauz, irgendwie ein Freak oder irgendwas. Dann sind es auch keine angenehmen Label. Und dann hätte es nochmal was… Ja, wissenschaftlich ist es vielleicht auch so. Weil, es ist ja mal schon seltsam genug, dass es dann ein medizinisches Label ist.
Also das hatte ich mal irgendwo auch gelesen: Warum wurde eigentlich Autismus auf medizinischer Ebene wahrgenommen und nicht auf soziologischer Ebene? Weil es ja letztlich auch ein Phänomen ist – vielleicht hast du das sogar gesagt, ich weiß es gar nicht genau – aber ein Phänomen ist, was ja mutmaßlich viel länger verbreitet ist, als das dann irgendwelche Erstentdeckerinnen und Entdecker beschrieben hatten.
Ich habe vorhin noch erst auf der Autismuskultur-Seite, glaube ich, ein Zitat von Temple Grandin gelesen. Die meint, die ging so weit zu sagen: Wenn man… Die neurodivergenten Menschen müsste es eigentlich schon viel länger geben, wenn man so diesen genetischen Mutmaßungen nachgeht. Weil ja auch letztlich Autismus genetisch vererbt wird. Aber letztlich da auch nach wie vor nicht klar ist, über welches Genom das genau vererbt wird. Weil es da auch wahrscheinlich ein paar mehr gibt, ein paar hunderte, die dafür zuständig sein können. Und ein Mensch hat ja irgendwie was um die 25.000 Gene oder so. Und Temple Grandin sagte: Anhand der genetischen Vererbungsmöglichkeit ist ja auch klar, dass es Neurodivergenzen schon viel länger gibt. Weil: Wenn es die nicht gegeben hätte, würden wir vermutlich heute noch in der Höhle (Anne lacht) vorm Feuer sitzen.
00:43:36
Anne Kirkham: Ja.
Marco Tiede: Und uns nicht weiterentwickelt haben.
Mirjam Rosentreter: Und nur miteinander plaudern und Smalltalk betreiben? (Anne lacht)
Marco Tiede: Ja, ja,vielleicht, vielleicht. Und das ist ja dann nochmal so diese interessante Sicht darauf. Die uns dann wieder in guter Gesellschaft wähnen lässt. Dass man sagt: Dank der Neurodivergenzen gibt es Weiterentwicklung. Also mit allen Licht- und Schattenseiten, klar.
Anne Kirkham: Auch, ja. Also nicht nur! Also das, das, das… Es ist leicht, in diese so: Wir sind Superhelden und… Aber ich fand den Vortrag von Professor Zimpel aus Hamburg sehr gut, über Neurodivergenz. Wo er mit Synästhesie anfängt. Und dass das… Es gehört zur menschlichen Vielfalt. Ich weiß nicht, ob ihr das gehört habt? Ist wirklich mega! Und er fängt mit Synästhesie an: Welche Farbe hat die Vier oder was auch immer? Hellgrün.
00:44:24
Mirjam Rosentreter: Bei dir?
Anne Kirkham: Ja. (Mirjam schmunzelt) Und dass das letztendlich gehört zur menschlichen Vielfalt wie unser Große, unsere Augenfarbe, unser Haartyp, unsere Hautfarbe, unsere Muskelstärke und so weiter. Also, alle von diesen Dingen ist so eine Kurve. Und aber Neurodivergenz, ja, ist ein Teil von menschlicher Vielfalt. Und wenn du zum Beispiel Synästhesie guckst oder Linkshändler guckst: Das sind auch Neurodivergenzen und teilweise, die einfach nur lustig oder süß sind oder kein Problem. Aber in einer Gesellschaft zum Beispiel, wo Lesen und Schreiben nicht so wichtig wären, wäre ADHS oder Legasthenie oder sowas nicht schlimm. Wenn niemand liest und schreibt, dann ist diese andere Verdrahtung im Kopf kein Problem.
Und ich denke an einem Doku mal von so Aborigines, die einen Bushcraft-Typ gezeigt. Anhand von nur den Ästen, die waren so kahl, zwei verschiedene Pflanzen: Eins essbar und eins nicht. Oder eins reif und eins noch nicht. Und diese gemütliche, kuschelige Damen in ihren Hauskleidern und so Adiletten sind durch den Busch geschlurft. Und er so in seiner Ausrüstung hinterher. Und die konnten das sofort gucken. Und ADHS- oder Autist-Menschen, wir können sofort erkennen, ob diese Fruchte essbar sind. Oder ob ein – mit meinem Gehör – ob ein Tier kommt.
Ich höre Sachen, die andere Menschen nicht hören. Ich war neulich im Wald im Winter. Hab meditiert im Kloster, wo ich bin. Und hab so ein Knack-Knack-Knack gehört. Und erstmal: Okay, der Förster kommt, es ist Mitte der Woche, was auch immer. Aber es war kein Motor. Und es war so unregelmäßig. Und es war mir relativ klar, dass es Wildschweine waren. Aber durch mein Feingefühl konnte ich hören, dass die nicht wirklich nähergekommen sind. Und durch meine Hochbegabung oder Autismus oder beides – ich weiß nicht, das ist ein bisschen schwer zu trennen. Wusste ich: Okay, so die würden mich nicht angreifen, wenn die näher kommen. Dann kann ich so abhauen. Ich hab tatsächlich eine Stunde meditiert unter einem Baum. Im tiefsten Winter, mit den Tieren, also im Frieden. Die haben mich in Ruhe gelassen. Ich hab die in Ruhe gelassen. Aber so die Möglichkeit, das zu hören. Die Möglichkeit, das zu erkennen.
Also jede von uns hat unterschiedliche Fähigkeiten. Jede von uns hat unterschiedliche Fähigkeiten, ja, Möglichkeiten oder Ansichten und so weiter. Das ist das, was die Menschheit braucht. Und ich möchte auch sagen: Das mit dem Genetik von Autismus. Wir wissen, dass es genetisch ist. Also, wie gesagt: Wenn wir unsere Eltern… Also jede von uns, die neurodivergent sind, dann: Okay, ja, so war mein Onkel. Ja, meine Oma auch. hm, ne. Es gibt wirklich keinen Sinn und Zweck, dass Leute das irgendwie… Wie bei dem Filmfest hier, eifrig hinterher suchen diesen Rätsel. Weltweit suchen Wissenschaftler nach Antworten, warum unser Gehirn…? Diese Wissenschaftler sind vielleicht wirklich neugierig, warum unser Gehirn… Aber: Es gibt Stränge jetzt in der Gesellschaft – das ist ein bisschen ein Steckenpferd von mir im Moment – die Leute, die wirklich so die Menschheit überwinden wollen.
00:47:56
Behinderungen auf jeden Fall und Schwächen überwinden wollen. Und die Menschheit letztendlich – also durch Technologie, Elon Musk und so. Die wollen wirklich uns auslöschen! Viele von uns. Und dass, wenn jemand guckt auf die Genen, und dann gibt es die Leute mit, was auch immer, nicht mehr. Also das ist ein ganz gefährlicher, steiler Weg! In wirklich dunkelste Sachen.
Mirjam Rosentreter: Ganz aktuell. Und gerade heute habe ich dazu einen Artikel gelesen. Bei der Sprache fängt es jetzt ganz grausam an: Dass Trump und sein Gefolge gewisse Wörter, die mühsam erkämpft wurden, streichen lassen wollen aus behördlichen Schreiben und aus Schulbüchern. Wörter wie Inklusion, Diversität und, was ich besonders erschütternd fand, auch Zugehörigkeitsgefühl. Also da ist gerade ein Prozess in Gang, der dir bestimmt besonders Angst macht. Weil du die amerikanische Seele vielleicht auch noch ein bisschen besser einschätzen kannst?
Anne Kirkham: Ja, ich hab die US-Staatsbürgerschaft. Ich hab die Deutsche beantragt nach der Wahl, ich warte noch. Ich darf hier noch nicht wählen oder in die Politik treten. Also dort haben wir, und das hab ich noch mitgekriegt in meiner Kindheit, dort haben wir ganz viele soziale Bewegungen. Civil Rights, Martin Luther King, alle diese Leute sind die bekanntesten und erfolgreichsten. Aber daraus kamen Gay Rights, Women’s Rights, Black Panthers, Grey Panthers, Rentnerrechte und auch Behindertenrechte. Wo Leute dann im Rollstuhl die Treppe vom Capitol hochgeklettert sind. Also wirklich mit den Armen hochgeklettert! Als Demo. Wirklich zivile Ungehörsamkeit. Und daraus ist ein Bewusstsein, dass Vielfalt gut ist. Und dass wir vielleicht Menschen helfen, die benachteiligt sind, so ein bisschen zu schützen.
Das gibt’s hier nicht, soweit ich weiß, wirklich nicht. Und dieses Verständnis von Vielfalt auch mit Neurodivergenz. Oder die Probleme, Vielfalt zu verstehen und warum wir Vielfalt brauchen. Sind Probleme, die neurodivergente Menschen – aber Menschen mit Behinderungen, aber auch alle anderen, die so zu Minderheiten gehören, in verschiedenen Hinsichten – wirklich jetzt hier in Deutschland ganz doll betreffen. Obwohl keine bundesweite Initiative gibt, wirklich Menschen zu fordern. Also das wäre schön, wenn das gibt. Bisher habe ich versucht, für mich und meine Familie Hilfe zu bekommen oder Nachteilsausgleich bei der Arbeit. Gibt es einfach nicht. Nicht mal die Behinderungen anerkannt bekommt man. Und das erzählen viele Leute.
Und dort gab es Americans with Disabilities Act als Resultat von dieser ganzen zivilen Ungehörsamkeit. Wo wirklich Barrierefreiheit seit den 80ern, was auch immer da sein muss. Also es geht nicht nur barrierearm. Aber für uns neurodivergente Menschen sieht Barrierefreiheit ganz anders aus. Also ich brauche keine Machtstrukturen und keine blöde Hierarchien. Und wo, wenn ich an den Arbeitsplatz komme, und so rassistische Sprüche stattfinden oder transphobische Sprüche oder sowas, fühle ich mich nicht wohl. Wo die Menschen solche Einstellungen haben, schließt das sofort auf mich.
00:51:22
Marco Tiede: Ja, klar.
Anne Kirkham: Und ja, aber du bist nicht… ne? Als ich neu hier nach Deutschland gekommen bin, habe ich Englischunterricht gegeben. Und wie oft habe ich von so Geschäftsmänner gehört, sorry, aber ist so: Ja, die Ausländer! Du weißt, die Ausländer sind das Problem. Ich so: Hallo? Ich wohne hier. Ich bin’s auch! – Nein, nein, nein! Dich meinen wir nicht.
Das haben wir in der Schule auch erlebt, dass alle anderen Sprachen verboten waren, außer Deutsch. Und dann habe ich nachgeschlagen. Und selbst Duden hat eine Studie dazu gemacht, dass es nicht nur verfassungsfeindlich ist – ist es auch. Aber dass das wirklich Menschen schadet, wenn die nicht mal sich schnell auf Mathe, auf ihr, was auch immer Sprache, erklären können.
Und das ist also für mich… Ich sehe das in einem kleinen Puzzleteil: Neurodivergent-Sein, Bewusstsein für uns, Platz für uns, Raum für uns. Das, was wir brauchen, kann ich auch erzählen, ist wirklich ein Teil von der menschlichen Vielfalt. Und ich finde: Wir brauchen die menschliche Vielfalt, in allen Versionen.
Marco Tiede: Ja.
00:52:29
Mirjam Rosentreter: Als du ganz neu bei uns im Elternkreis warst. Da war das gerade so eine Situation, wo du sehr stark gespürt hast, dass dein älteres Kind an so systemische Grenzen stößt. Du meintest, damals hat es versucht, in die Schule zu gehen. Und wenn es das mal geschafft hat, dann kam einfach der ganze Druck mit nach Hause. Es ist dann zu Hause explodiert und hat es an euch, am jüngeren Geschwisterkind oder an sich selbst ausgelassen. Du hast jetzt gerade aber was erkämpft, nämlich Online-Beschulung.
Anne Kirkham: Fernschule, nicht online. Sondern so eine Korrespondenzschule. Und ja, das hilft.
Mirjam Rosentreter: Ich würde gerne noch mal ein bisschen auf dein Erleben jetzt auch als Mutter: Also aus deiner Elternperspektive darauf schauen, wie du dein Wissen, was du dir über dich selbst, über dein autistisches Sein, über Neurodivergenz angeeignet hast, wie du das so im Familienalltag umsetzt. Also, viele Eltern fragen sich immer: Wie bringe ich das denn meinem Kind bei? Du hast ja… Du wusstest es vor deinem Kind. Wie hast du…?
00:53:39
Marco Tiede: Du meinst das Beibringen, dass das Kind im Spektrum ist?
Mirjam Rosentreter: Ja, also ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was es bedeutet, autistisch zu sein. Hast du das mit deinem Kind besprochen?
Anne Kirkham: Ja, tatsächlich. Also, wir haben drei Anlaufe gebracht, um eine Autismusdiagnose zu bekommen. Und bei den ersten beiden ganz viel Ablehnung und ganz viel Nichthörenwollen. Und wahrscheinlich auch bei dem zweiten Anlauf auf jeden Fall sehr veraltete Ideen von Autismus. Also, Kind hat keine Interesse in Eisenbahnen, kann deswegen nicht autistisch sein. Und die haben uns dann rausgeschmissen und gesagt: Wir sind nicht kooperativ. Was null stimmte.
Und dann eine Auflistung in einem kurzen Bericht von so ganz vielen Eigenschaften: Wie ernst mein Kind ist. Und wie tief mein Kind über bestimmte Themen redet. Und das klassisch-autistische Beschreibungen war! Aber ja, also wir haben uns in diesem Prozess – der letzte Diagnostikprozess hat tatsächlich anderthalb Stunden… Entschuldigung: anderthalb Jahren (schmunzelt) gedauert! Also, wirklich seit drei Jahren das immer wieder angestrebt und zweimal gescheitert.
Und es kam auch immer die Vorwürfe von der Schule: Nee, das sucht ihr! So ungefähr. Und mein Mann ist auch Lehrer. Und: Nee, suchen wir nicht! Und genau: Dann haben wir so ein bisschen so angefangen. Ich glaube, wir haben die Serie Die Anwältin Woo, das ist die koreanische Serie, geguckt auf Netflix.
00:55:15
Mirjam Rosentreter: Das ist einer deiner vielen Tipps, die ich mir aufgeschrieben habe.
Anne Kirkham: Ja, ja.
Mirjam Rosentreter: Du meintest, da hättest du dich zum ersten Mal mit einem Charakter wirklich identifizieren können.
Anne Kirkham: (parallel)Wirklich identifizieren können, ja. Ja. Sie ist eine Anwältin mit viel Unterstützungsbedarf tatsächlich. Ihr Papa…
Marco Tiede: Ach, dies Extraordinary?
Anne Kirkham: Extraordinary Attorney Woo heißt das auf Englisch. Das ist dann synchronisiert aus Koreanisch. Ich glaube, es gibt die deutsche Version auch. Und es gibt so einen Moment, also, sie hat… Das ist so ein Dauerthema, am Anfang: ihr Kampf sozusagen mit der Drehtür. Und dann habe ich das auch bemerkt. Und… Nee, ich mache keinen Spoiler! Aber sie bekommt Unterstützung, also wirklich respektvolle Unterstützung. Und ja, bei mir sind Drehtüren sowieso schwierig. Aber Rolltreppen sind für mich total schwierig.
Mirjam Rosentreter: Warum?
Anne Kirkham: Als Kind hatte ich irgendwie immer Angst, dass ich so reingesaugt bin. Und auch mit dem Rhythmus. Das kommt in Anwältin Woo, dass sie versucht, so in den Rhythmus von dem Drehtür zu kommen. Und irgendwie so: Die bewegen sich an einer Geschwindigkeit, also das ist haptisch, kinetisch schwierig. Obwohl ich nicht so körperlich ungeschickt bin meist. Aber als Kind hat es mich so tief beeindruckt. Und dann diese kammartige Zähne!
Und ich glaube, ich habe mich einmal von meiner Mama getrennt in einem Kaufhaus auf ein Ding. Und versuchte nach unten und kam nicht. Aber ich hatte immer Angst, so reingesaugt zu werden. Das ist total blöd, ne? Aber dann hatte ich, war ich mit meinem kleinen Kind einmal bei Karstadt und sein Schnürsenkel ist tatsächlich in dem Ding hängen geblieben!
Marco Tiede: Oh je!
Anne Kirkham: Und das hat meine Ängste mein ganzes Leben so bestätigt. Dass, ja: Guck mal, die Dinger fressen mich!
00:56:56
Mirjam Rosentreter: Und was passiert dann? Also was hast du dann gemacht?
Anne Kirkham: Einfach rausgezogen und weitergegangen. Aber es ist immer wieder so weiter, es war nur kurz.
Marco Tiede: Ja, ja, aber das ist wirklich so ein albtraumhaftes Bild. Dass du denkst, du kommst da nicht mehr raus und wirst da (immitiert Geräusch) Chuagh! Reingezogen und kannst dich nicht mehr rausziehen, ne.
Anne Kirkham: Also, das Ding ist einfach so komisch.
00:57:17
Marco Tiede: Naja, obwohl es ja relativ gleichmäßig läuft. Aber es hat irgendwas Bedrohliches. Und abgesehen davon: Diese kammartigen Kanten sind auch verdammt hart. Also mein Sohn ist tatsächlich mal gestolpert auf einer Rolltreppe und hat sich dann eine ordentliche Platz geholt.
Anne Kirkham: (lacht) Hab ich Albträume bald!
Marco Tiede: Ja, sorry!
Anne Kirkham: Alles gut, alles gut.
Marco Tiede: Ich wollte nicht noch mehr Horrorszenarien. Jetzt hab ich’s… Das wollte ich eigentlich vermeiden. (lacht)
Anne Kirkham: Also, genau: Wir haben Die Anwältin Woo zusammen geguckt, so zwei, drei Folgen. Und finde ich gut, weil das ist so… Es ist fluffig und unterhaltsam, so koreanische Drama. Aber doch hat ganz viel Tiefe. Also sie ist mit so ethischen Fragen konfrontiert und Homophobie und solche Sachen.
Marco Tiede: Ja, und nicht so klischeehaft wie manch andere…
00:57:58
Anne Kirkham: Ja. Nee. Also die, die ganze… Wie die Leute gekleidet sind und so, ein bisschen so alles so perfekt modisch. Aber trotzdem… Also sie als autistische Person mit, mit mehr Unterstützungsbedarf als ich, hat das auch von ihrem Vater. Und wird so für voll und ernst genommen. Und das fand ich sehr… Also das habe ich geguckt nach meine Diagnose. Und dann so wieder ein bisschen geguckt mit Kind. Und Kind guckt ein paar verschiedene. Also auf YouTube gibt es ganz viele autistische Menschen auf Englisch, die Autismus und verschiedenen Themen. Die eine heißt I’m Autistic Now What? Und ich weiß, dass mein Kind diesen YouTuber guckt.
Aber es gibt auch ein paar anderen. Haben wir letztes Mal im Elternkreis eine ganze Liste aufgeschrieben von Ressourcen.
Mirjam Rosentreter: Was hat es denn mit dir und deinem Gefühl als Mutter gemacht, als du wusstest, du bist Autistin? Hast du dir dann manches verziehen, was dir vorher vielleicht große Schwierigkeiten bereitet hat?
00:59:04
Anne Kirkham: Erstmal war das echt eine Entspannung. Weil, ich habe bis zu dem Zeitpunkt immer gedacht: Irgendwann komme ich um die Ecke und werde normal. Irgendwann, ne? Und das auch noch mit 48. Also, ich halte mich auch für so relativ jung im Kopf. Aber so diese, ja, diese Idee, dass: Wenn ich das schaffe. Dass es so eine Geheimformel gibt oder irgendwie: So geht man durchs Leben. Und dann so: Okay, das erklärt einiges!
Aber natürlich mit der Diagnose, die geben dir kein Papier: Hier ist Autismus. Das habe ich dann mich selbst als Speziellinteresse sozusagen (lacht). Eine von meinen Themen jetzt, wo ich so tief tauche.
Mirjam Rosentreter: Also keine Gebrauchsanweisung hattest du.
Anne Kirkham: Nein, nein, gar keine. Aber immerhin so eine Idee. Und dann kann man so… Wie gesagt, im Internet gibt es wahnsinnig viel. Also ich finde Reddit sehr wertvoll. Aber so auf Englisch, die deutschen Subs sind nicht so gut, es hinkt alle ein bisschen hinterher. Und auf Instagram gibt es tatsächlich ein bisschen Gutes. Ich will keine Meta-Werbung machen, aber so, ja, das mal zur Seite. YouTube gibt es natürlich ganz viel. Und Podcasts auch.
Mirjam Rosentreter: Packen wir alles in die Shownotes. Ich hab zu Marco vorher gesagt, der macht immer den großen Batzen an der Shownotes-Recherche-Arbeit: Diesmal brauchst du gar nicht so viel zu suchen. Weil Anne schon in ihren E-Mails immer nach unseren Treffen immer noch ganz viele Tipps hat.
Anne Kirkham: Info-Dump.
Mirjam Rosentreter: Also ich wollte nochmal… Wir waren ja gerade noch bei dieser Mutterrolle und was sich da so verändert hat. Jetzt wo du weißt, ich bin autistisch, mein Kind ist autistisch, versuchst du dieses Abmaskieren auch deinem Kind beizubringen?
01:01:00
Anne Kirkham: Also Kind ist 15. Da können wir nichts wirklich beibringen.
(Mirjam lacht) Aber, ähm, ne.
Marco Tiede: Aus Pubertätsgründen.
Anne Kirkham: Ja, ja, ja.
Mirjam Rosentreter: Da geht es nur noch um Autonomie, also möglichst unabhängig werden und seinen eigenen Weg gehen.
Marco Tiede: Das merke ich anmeinem 15-Jährigen auch.
Anne Kirkham: Auch, muss ich sagen: So Begriffe wie Mutterrolle ist so schwierig für mich.
Mirjam Rosentreter: Okay.
Anne Kirkham: Weil, ich hab Gender nie wirklich verstanden. Auch als kleines Kind, so: Warum trennen die Leute sich? Und so. Hatte kurze Haare und so ein blaues Fahrrad, und dann haben die mich für einen Jungen gehalten. Und ich so: Nee, ich bin eine Katze!
Also wirklich diese gesellschaftliche Strukturen. Das war wirklich sehr schräg, schwanger zu sein. Weil, dann plötzlich wird so eine heilige Jungfrau (Marco lacht) oder irgendwas auf dich geschoben.
01:01:43
Marco Tiede: So Projektionen, ne? Ja.
Anne Kirkham: Ja, was auf der einen Seite so auch eine Maske ist und irgendwo schön. Weil, dann bist du so akzeptiert und wahrgenommen. Aber andererseits total befremdlich. Also die, die auch spät nach ihrer Mutterschaft diagnostizierte, Catherine May aus England. Hat mal – nur in einem Podcast, nicht in ihren Büchern, die ist Autorin, die hat auch einen Podcast, wo sie über anderes redet. Aber in einem von den Autismus-Podcasts sagte sie so: Wie schwierig das ist, so einfach so ein Kind zu gebären, wenn du nicht weißt, dass du autistisch bist. Und ja, also vieles kommt zusammen. Mit so Überforderung und Schmerzen und irgendwas ausgesetzt, was außer deiner Kontrolle ist.
Und ja, dann auch so diese Rollenbild. Also ich bin Elternteil. Aber so Mutter? So, also wenn, wenn, wenn… Ich war immer die große Schwester. Und habe meine kleine Geschwister immer verteidigt, auch gegen so Täter und so. Und ähm, das habe ich tatsächlich. Aber so, so Mutter in mir ist (lacht) mehr große Schwester manchmal. Ich weiß es nicht. Also ich bin, ja, die Mutter von dem, von den beiden.
Marco Tiede: Vielleicht kann man es ja auch dann fassen in: Ich bin begleitende Person eines, einer jüngeren Person.
Anne Kirkham: Ja, oder Elternteil.
Marco Tiede: Ja, ja.
01:03:01
Anne Kirkham: Also, es ist schwierig für mich. Auch diese gesellschaftlichen Konstrukte. Das sind wirklich… Also Männer sind, Frauen sind. Diese Geschichte ist für mich… Ich versuche das zu verstehen, weil ich weiß, dass es anderen Leuten wichtig ist. Wie Hierarchie und Status. Ich versuche es zu verstehen: Hierarchie und Status, und ich bin Professor, Doktor, Doktor. Weil das anderen Menschen wichtig ist. Aber mir ist es wirklich nicht wichtig. Und oder wirklich logisch.
Marco Tiede: Und sie streuen wieder Etiketten und Labels wieder mal, ne?
Anne Kirkham: Ja, und Konstrukte, Narrative auch.
Mirjam Rosentreter: Trotzdem, ähm… Wie? Nicht: trotzdem. Völlig blödsinnig!
01:03:36
Marco Tiede: Gleichzeitig?
Mirjam Rosentreter: Nein, war der Versuch einer Überleitung, weil ich meine Gedanken noch nicht zusammen hatte (lacht).
Hmm. Über deine Mutter haben wir noch nicht so richtig gesprochen. Was hattest du denn zu der für eine Beziehung?
Anne Kirkam: Hm.
Mirjam Rosentreter: Schwieriges Thema?
Anne Kirkham: Also, mich hilft immer, Sachen zu intellektualisieren. Und ich kann sehen, wie Menschen, meine Eltern, meine Großeltern, die sich nie kennenlernen dürften, nie emotionelle Intelligenz lernen dürften. Letztendlich auch ausgebrannt, also im Burnout waren. Überfordert, dauerüberfordert und dauergemaskt, also dauermaskiert, dauerangepasst. Dass die das versucht haben, aus uns auszutrainieren.
Und das wird über Generationen immer weitergegeben. Ich habe mich so ein bisschen neben mit vererbte Traumata befasst. Und es gibt ein ganz toller Traumatherapeut in den USA, der heißt Resmaa Menakem. Und er geht zu den ganzen Rassismus Traumata. Und als er gesagt hat: Was musste die weiße Europäer passiert sein, um in den USA das anzutun schwarzen und braunen Menschen? Sklaverei und so weiter. Ausrottung. Was die getan haben. Und ich weiß über die Familie von meiner Mutter, weil die sind aus Norwegen ausgewandert. Und ich weiß, ich habe auch immer gedacht, dass ich so intensiv bin, weil das so ein Berserker-Gen ist. Und dass mein großes Kind das hat und meine große Nichte und meine Cousine. Und also ich kann jetzt über Leute reden, die kein Deutsch verstehen. Meine Großmutter. Also okay, das sind alle Berserker. Und spannenderweise irgendwie fast die erstgeborenen Mädchen in der Familie. Und das habe ich gedacht, das sind die Norweger, das ist so ein Berserker-Gen.
01:05:51
Mirjam Rosentreter: Was ist noch mal ein Berserker, sind das Krieger?
Anne Kirkham: Beserker sind die, die in so einen schamanistischen Zustand wirklich zu Tiere wandeln in dem Kampf.
Marco Tiede: Ich dachte, das sei ein Teil, ein Wikinger-Stamm, Teil, ach, das waren die schama..
Anne Kirkham: Die Wikinger, die entweder durch Drogen oder einfach so Zustand. Es gab welche, die sich in Bären, also Berserker, der Bärhemd, glaube ich. Und dann die… Es gab welche, die sich in Katzen verwandelt haben, auch im Kampf…
Mirjam Rosentreter: Das hätte dir gefallen!
Anne Kirkham: Ich mache immer den Witz: Ich komme aus dem Stamm oder aus den Leuten, die sich in Seehunde verwandeln konnten. Weil ich so sehr schnell und stark im Wasser bin. Und dann komme ich am Land und bin so ein bisschen ungeschickt und so. (Mirjam schmunzelt) Ja, bei Seeschlachten waren die besonders befürchtet. Aber so ein Land? Naja, ein Seehund an Land.
Aber ich habe immer erkannt, dass es genetisch ist. Und es gibt Erzählungen aus der norwegischen Familie, die wirklich… Also, ganz viel emotionale Missbrauch, ganz viel Alkoholmissbrauch, ganz viel Gewalt. Was für mich letztendlich auch wahrscheinlich… Und ich rede mit meiner Schwester darüber: Aus Traumata, aus Maskieren, aus immer Anpassen und Sachen, die man… Man hat nicht die Ressourcen in der Gesellschaft. Sowohl damals 1900, was auch immer in Norwegen, als auch als die ausgewandert sind in den USA. Und das wird weitergegeben über Traumata. Und erst mal sieht das aus wie Persönlichkeit, wenn du den Traumata aus dem Kontext nimmst.
001:07:21
Sagt Resmaa Menakem, dieser Trauma-Soziologe, Therapeut. Erst mal… Also Trauma in einer Person ohne Kontext sieht aus wie Persönlichkeit. Und Trauma in einer Familie ohne Kontext sieht aus wie Familienkultur. Und Trauma in einem Land oder Kultur über Zeit sieht nur aus wie die Kultur. Und da hat es Klick gemacht bei mir. Und da kann ich… Ich komme wieder zu meiner Mutter. Da kann ich ein bisschen sehen wie maskiert sie ist. Sie ist jetzt pflegebedürftig, die wird nicht so viel länger leben. Und sie maskiert tatsächlich ab. Sie ist viel lieber jetzt, als sie wirklich je war. Aber sie war… Sie hat mich nicht gemocht. Ähm.
Mirjam Rosentreter: Das ist bitter.
Anne Kirkham: Meine Schwester hat es ein bisschen leichter. Weil sie die dumme Nette war. Und ich war die schlaue Hübsche, die aber trotzdem schwierig ist. Und mein Bruder hat eigene Probleme. Ja, aber wahrscheinlich mindestens ADHS. Vielleicht die Art von Autismus, wo man keine Empathie hat. Hat unser Bruder auch.
Die Mutter von meiner Mutter, die aus Norwegen gekommen ist, die war hochbegabt, die war hochintelligent, mehreren Sprachen. Und die war eiskalt. Aber eine sehr beeindruckende, sehr starke Frau. Die sich wirklich aus dem Armut so alles gemacht hat. Die hat auch damals in den 30ern an der Uni studiert. Und auch Politikwissenschaft studiert und wollte Anwältin werden. Und was macht eine junge Frau in Kalifornien Anfang der 40ern? Na, findet ein Ehemann. Und hat dann drei Kinder. Also, so viel menschliches Potenzial, was verloren ging, auch damals. Ja, also.
Das sind Machtverhältnisse, das ist Kapitalismus. Das ist aber auch, ich versuche es jetzt ein bisschen positiver zu framen: Menschen, die sich nie kennenlernen dürfen. Und Menschen, die nie emotionelle Intelligenz lernen dürfen. Also das fehlt auch für alle jetzt in der Gesellschaft, so hier und jetzt.
01:09:25
Und deswegen: Wenn du reflektiert genug bist und zur Therapie gehst, hilft die normale Therapie auch nicht meist.
Ich habe neulich was von Bill Gates gelesen. Ob er sich als Autist bezeichnet. Und er sagt so, ja, also er nutzt das Wort Asperger, was ich sehr, sehr, sehr ungern nutze, aus ganz vielen verschiedenen Gründen. Ja, hätte ich vielleicht, aber man wusste das nicht. Aber dann in einem Interview sagt er: Mir war das irgendwie klar, dass ich Schwierigkeiten habe mit Kommunikation, dass ich Schwierigkeiten mit Emotionen habe. Und deswegen habe ich das ein bisschen antrainiert, um besser klarzukommen in der Gesellschaft. Ich wusste, dass so Defizite von mir sind. Und also so, ich mache das ganz grob. Ich habe das vor ein paar Wochen gelesen. Und das ist bei mir aufgefallen. Also er merkt, dass das wichtig ist. Ihm ist das auch wichtig, dass er irgendwie mit allen seinen Geldern, ich weiß nicht, wie er das geschafft hat. Also das sind so ein paar Fetzen, die immer im Kopf geblieben sind, weil die Menschen ihm wichtig sind.
Und das habe ich zum Beispiel erlebt bei meinem Vater, die Menschen waren ihm… Er fand Menschen super spannend. Und ob das der Obdachloser da vor der Kirche, den er immer begrüßt hat oder der Bürgermeister. Der hat die immer gleichbehandelt. Weil, das waren für ihn Menschen. Das war egal, was für einen Titel und wie viel Geld der Mensch hat. Und der hat wirklich wenig Fähigkeiten. Außer Buddhismus, das war so eine von den wenigen, also wenige Werkzeuge, das war eine von den wenigen Dingen, was ihm geholfen hat. Ja, und ob es Therapie gegeben hätte für Leute in seinem? Also das, was es in Therapie gab in den 80ern und 90ern.
01:11:04
Mirjam Rosentreter: Das ist… Ich habe in Vorbereitung auf unser Gespräch die aktuelle Podcast-Folge gehört von Uniquely Human, da war Devon Price zu Gast. Der hat ja einen internationalen Bestseller geschrieben, Unmasking…
Anne Kirkham: Ja, Unmasking Autism.
Mirjam Rosentreter: Und das gehört nämlich zu den sozialen Kompetenzen, die er empfiehlt, die sich autistische Menschen draufschaffen können. Um gut für sich selber zu sorgen und gleichzeitig für ihr Umfeld. Eine eigene, gesunde Balance zu finden. Was sind so deine Tricks im Alltag, mit denen du es schaffst?
01:11:42
Anne Kirkham: Ich kann das zusammenfassen in ein paar Punkte. Aber das ist nicht ein Ding, was ich mir selbst verwirklichen kann. Und deswegen kommt es mir unauthentisch vor. Weil, die meisten Leute wissen noch weniger und haben gar keine, also es gibt keine Unterstützung.
Marco Tiede: Jaja, das ist ja das Problem.
Anne Kirkham: Wenn eins davon Autonomie ist!
Marco Tiede: Ja, weil das bedarf ja wieder eines Umfeldes, das dafür offen ist. Und das ist so, fand ich ja auch immer so, diese Gratwanderung, in der wir in der gemischten Maskierung und Unmaskierung unterwegs sind: Dass wir ja immer ein Stück weit damit jonglieren müssen quasi, wie viel Unterstützung, wie viel Support, wie viel Verständnis habe ich vor meinem Umfeld. Wenn ich das nicht habe, maskiere ich wieder mehr. Wenn ich das habe, kann ich ein bisschen loslassen. Und wieder mehr ich sein und mir selbst entsprechen. Und das macht es ja so schwer.
01:12:49
Anne Kirkham: Und wie machst du das, wenn du keinen Support hast?
Marco Tiede: Eben.
Anne Kirkham: Immer wieder weiter zusammenbeißen.
Marco Tiede: Dann beiße ich zusammen und hoffe, dass ich noch andere Anker habe, die mich durchhalten lassen. Und das ist so diese schwierige Mixtur aus der eigentlich für sich entwickelnden radikalen Akzeptanz. Aber auch gleichzeitig zu sehen: Die gibt es aber anderswo nicht.
Anne Kirkham: Ja.
Marco Tiede: Und deswegen muss ich wieder Fassaden aufsetzen.
Anne Kirkham: Ja, und alle sagen: Ja, sei ehrlich mit dir selbst! Sei dich selbst! Du bist der Experte! Also, haben die in der blöde Reha gesagt: Sie sind alle Experten für ihre eigene Gesundheit. Und als ich dann darauf bestanden habe, dass die mir mindestens sagen: Wenn der Typ gleich Amok läuft? Können die die Polizei rufen? Und die sagen: Brauchen Sie ein Beruhigungsmittel? Ich so: Ich bin Kampfsportlerin. Ich weiß, wovon ich rede! Und dreiviertel Stunde später ist er ausgeflippt und hat den Arzt bedroht. Jetzt dürfen die die Polizei holen. Danke. Entschuldigung. So, ne? Ich sehe Sachen kommen, bevor andere Sachen, Leute – in manchen Hinsichten, in anderen nicht.
01:13:49
Mirjam Rosentreter: Ich habe es gerade akustisch nicht verstanden. In welcher Situation?
Anne Kirkham: Das war in einer psychosomatischen Reha.
Marco Tiede: Mhm.
Anne Kirkham: Ja.
Mirjam Rosentreter: Die nicht für dich geeignet war.
Anne Kirkham: Nein.
Mirjam Rosentreter: Das hat auch Stefanie Meer-Walter geschrieben. Die übrigens unser nächster Podcast-Gast sein wird, live on stage. Also wir sprechen sie in der Stadtbibliothek Bremen im April zum Weltautismus-Tag. Sie hat auch gesagt: Die gängigen Methoden zu versuchen, aus so einer Erschöpfung rauszukommen, in zum Beispiel einer psychosomatischen Klinik oder auch eine Gruppentherapie, die können ja nicht funktionieren, wenn die die ganze Zeit diesen Druck mitbringen. Da sind Gruppen, da muss man funktionieren, da kann man nicht man selbst sein. Also diese Erfahrung hast du auch gemacht?
Anne Kirkham: Ja. Und wir werden nicht ruhiger. Oder man kann uns nicht desensibilisieren. Wenn das Geräusch nicht aufhört, so dieses Bau, bau, Baustellengeräusch: (immitiert) Mööööpgeräusch. Huah!
01:14:52
Marco Tiede: Jaja. Und da brauchst du ja dann wieder stärkere Möglichkeiten, dich zu regulieren. Die dann wieder von außen schräg betrachtet werden. Die wir ja manchmal aus Stimming nennen, wo du sagst, das Wort magst du nicht so.
Anne Kirkham: Das finde das Wort eklig.
Marco Tiede: Jaja, ich weiß.
Anne Kirkham: Aber für mich ist es selbstberuhigen und nicht selbststimulierend.
Marco Tiede: Ja, und ich glaube, manche Stimulationen können auch dazu dienen, sich zu beruhigen. (Anne schmunzelt) Aber ich umschreibe das dann gern auch immer deswegen als Selbstregulationsstrategie, um dir da ein bisschen entgegenzukommen.
Anne Kirkham: Ja, ja.
Marco Tiede: Weil ich merke: Ja, nö, ich muss dir das Wort ja nicht da und um die Ohren hauen, wenn es dir eigentlich unangenehm ist. Also da….
Anne Kirkham: Also in Dingen, was ich…
Marco Tiede: …Nehme ich dann gern Rücksicht drauf.
Anne Kirkham: Ja. Und ich habe gerade so, ja, ähm… (schmunzelt)
Mirjam Rosentreter: Warum? (lacht)
Marco Tiede: Hast seltsame Bilder…?
01:15:39
Anne Kirkham: Sex ist auch ein Stim.
Marco Tiede: Ja, natürlich. Absolut. Und manchmal beruhigt es, manchmal regt es an, ne, so. (kichert)
Anne Kirkham: Wenn alles gut geht (lachend) ist man ruhiger nachher.
Marco Tiede: Ja, absolut.
(Anne lacht herzhaft)
Marco Tiede: Wenn alles gut geht, kommt man gut zu sich selbst. kommt man zu einem Einssein. So im besten Fall.
Anne Kirkham: Ja. Ähm, jetzt bin ich total abgelenkt. (lacht)
01:16:01
Mirjam Rosentreter: Es bringt uns aber schön zu unserem gewohnten Ende. Denn wir fragen am Ende immer: Was kann jeder für sich mit in den Alltag mitnehmen. Also, halten wir fest: Wenn das sexuelle Zusammensein gelingt, kann es entspannen.
Anne Kirkham: Absolut.
Mirjam Rosentreter: Das wäre ja schon mal ein Tipp. So.
Anne Kirkham: Absolut. Aber es gibt auch ganz viele Sachen, die uns selbst regulieren, die vielleicht nicht so sichtbar sind. Wie, so für mich, Fahrrad fahren. Oder im Garten arbeiten. Weil da kann ich ganz kleine… Also, ich habe den ganzen Giersch aus meinem Garten verbannt, tatsächlich.
Mirjam Rosentreter: Und aufgegessen?
Anne Kirkham: Für jeden drei Meter Giersch-Rhizome kriegst du ein Blatt. Und du kannst leckeren Giersch-Quiche machen. Das schmeckt sehr gut. Aber so das, was du nicht in der Kompost schmeißen darfst, kannst du nicht essen.
01:16:52
Marco Tiede: Ja, ich glaube, weil du nochmal sagst… Zu diesen unsichtbaren Selbstrelationsstrategien, hatte die Autorin Gee Vero, auch Künstlerin, auch mal auf einem Vortrag das beschrieben. Sie sagte: Ich stehe jetzt hier vor Ihnen und halte hier einen Vortrag. Und das sieht für Sie äußerlich gesehen relativ normal in Anführungsstrichen aus. Aber ich zähle die ganze Zeit rückwärts von 100 auf 0. Und wippe die ganze Zeit in meinen Schuhen mit meinen Zehen, um das hier klarzukriegen. Wenn ich das nicht hätte, wenn man mir das nähme, dann würde ich hier vermutlich ziemlich schwer zusammenbrechen oder ausbrechen.
Anne Kirkham: Und ich sitze in einer langweiligen Sitzung, wo ich nicht stricken dürfte. Und dann gucke ich die verschiedenen Menschen von ihren Outfits, also die Farbkombis an. Weil, so Klamotten und Farben und so weiter, ich hab das mit Farben. Und dann gucke ich, ob das so zu dem Typ passt. Und so nicht abwerten, sondern so: Oh ja! Besonders also dein Pullover passt zu deinen Augen. Ist schön, ne?
Marco Tiede: Manchmal ist es aber auch eine Zumutung, oder? (kichert)
Anne Kirkham: Ich sag nichts zu den Menschen. Ich mach das nur so, so für mich. Ich gehe so die ganze… Also ganz langweilige Sitzung bei meiner alte Arbeit, also wirklich mega Zeitverschwendung. Und oder so ein Plenum, ne? Und echt: Zwei drei Stunden! Und dann gucke ich jeden Mensch an und denke so: Ja okay. Dieses Muster passt zu seiner Haut. Sowas. Auch immer also wirklich die Reihe nach und… Also ob irgendwas gibt es, was gefällt. Oder ob das so wirklich so ein, so ein so ein Clash ist.
01:18:27
Marco Tiede: Also kleine, detailverliebte Betrachtungen, um sich ein bisschen kognitiven Input zu geben.
Anne Kirkham: Allgemein, genau, ja. Oder so im Krankenhaus: Da liegen und dann die Fliesen an der Decke zu zählen. Oder irgendwie so das Muster hier in dem Fußboden, ob das echtes Holz ist oder nicht. Ich glaube: Ja.
Mirjam Rosentreter: Es ist echtes. (Anne und Marco schmunzeln)
Anne Kirkham: Also solche Sachen. So wirklich so wiederkehrende Muster auch. Dieses Mustererkennung, das haben wir in der in der Arbeitgruppe besprochen. Warum lieben so viele autistische Menschen Züge? Und Bianka hat das ganz gut erklärt, dass es so: Das sind Systeme, das sind so komplexe Systeme. Dann kannst du die verschiedenen Modelle oder. Also, aber es sind die wiederkehrenden Muster. Und: Oh, das ist ein so und so Straßenbahn, was auch immer, wie auch immer Menschen… Und dann sagte sie: ja, wenn die Welt so durcheinander ist, dann beruhigt das dich.
Marco Tiede: Absolut.
Anne Kirkham: Und dann sagte sie – und ich so: Oh ja, nett für die Leute! Und dann sagte sie: Ja, und manche mögen die Geräusche. Ich so: Ooah, das Geräusch, was die Straßenbahn macht! Wenn die langsamer wird, wenn sie abbremst, ist wie ein Schlaflied: So Huuuuiuuuhhh (Marco und Mirjam schmunzeln). Also von innen drin ist gut, auch Anfahren ist gut, wenn du innen drin bist. Aber wenn du daneben stehst… Dieses Geräusch ist so, ist ruhig und schön.
Und ja, einfach so sich auch auf schöne Dinge zu konzentrieren.
01:19:49
Marco Tiede: Ja, ja.
Mirjam Rosentreter: Ich sehe dich immer noch unter diesem Baum sitzen. Wo das Wildschwein dann nicht zu dir gekommen ist.
Anne Kirkham: Knack, knack.Ich glaube, die Hauer gehen so an den Wurzeln und buddeln in der Erde. Also, du siehst da immer Spuren, deshalb.
Marco Tiede: Ja, meinst du jetzt bei dem Bild der Meditierenden unterm Baum so ein bisschen auch die Doppelung zum Buddha unterm Feigenbaum?
Mirjam Rosentreter: Ja, genau. Ich habe das nochmal reingebracht, weil du ja da noch Fragen zu hattest. Aber ich weiß nicht, ob ich das jetzt noch… Ich habe, als ich über dich recherchiert habe… Du hast irgendwann mal von einem Retreat gesprochen, wo du warst und hast auch den Namen genannt. Dann habe ich mir das mal angeschaut. Und da gibt es so ein Foto, wie – ich glaube, das sind Nonnen – in so ockerrote Gewänder gekleidet durch den Wald gehen. In so wunderschönem Licht.
Anne Kirkham: Ja. Ja. Ja. Wunderschön, ja.
01:20:44
Mirjam Rosentreter: Warumhilft dir das?
Anne Kirkham: Oh!? (schmunzelt) Machst du den Box auf? Okay. Ich kann es in ein paar Sachen sagen. Also, ich bin Buddhistin geworden mit 18 oder 19. Aber das war in der tibetischen Tradition und ein bisschen für mich aber ganz praktisch. Als ich durch die Nonnen da entdeckt habe, dass Meditation auch für mich wirkt, erst mal wohl bemerkt nur mit ADHS-Medikamenten, habe ich gedacht: Wow, das funktioniert für dich auch. Du bist wirklich ein Mensch.
Mirjam: Oh.
Anne Kirkham: Und ich habe das immer wieder gehört und gelesen, immer so als Nebensatz oder Beisatz: Dass der Buddha eventuell auch neurodivergent hätte sein können. Weil, wie er auf die Welt betrachtet hat, ist sehr, sehr logisch für uns, für viele von uns. Und auch, dass er gesagt hat: Glaub nicht, dass ich das sage. Glaub nicht, dass ein Priester oder einer von meinen Schülern das sagt. Probiere das selber aus und gucke, ob es für dich funktioniert. Also dieses wirklich: Hands on! Und sehr logisch.
Und buddhistische Praxis: Das sind Dinge, die für mich nicht leicht sind. Wie sitzen in einem Raum mit anderen Menschen. Aber andere Mönche und Nonnen zum Beispiel sprechen offen darüber. Ja, also es steht drauf, was drin ist. Im Gegensatz zu zum Beispiel Antidepressiva oder so vieles, was für uns nicht wirklich funktioniert als echte Ruhe. Und wenn ich…
Ich habe, bevor ich hierhergekommen bin, eine halbe Stunde meditiert. Und ich bin sehr unruhig wegen ganz viel Stress. Aber ich merkte dadurch: Mir ging es mindestens besser. Und bei mir ist es wirklich so, der Körper muss sich entspannen können. Diese Dauerverspannung, dauer unter Strom muss immer schön runterkommen. Und das kostet mir mehr Energie und mehr Disziplin. Aber dann die Lehre zu verstehen und diese komplexe theologische Weltbild zu verstehen, ist für mich leichter. Weil ich auch Philosophie studiert habe. Also, mein Traum wäre buddhistische Seelsorge in Gefängnisse. Das war wirklich mein Berufstraum. Aber ich muss ein bisschen…. Ich muss ein bisschen weiterkommen.
Also und das hat meine Äbtissin da in Nienburg gesagt – Hallo Aya! – dass das Okay: Du hast so ein unglaublich schnelles Gehirn und du fasst Sachen schnell zusammen, nutzt das! Das ist deine Stärke. Das ist dein Werkzeug.
Andere Leute können sich hinsetzen und immer wieder jeden Tag Sitzmeditation üben und kommen super schnell, super tief und so. Das heißt nicht, dass sie besser sind. Und auch diese Hierarchien und diesen Vergleich raus. Ich kann mich vergleichen mit mir vor zwei Jahren oder zehn Jahren. Aber ich vergleiche mich nicht mit anderen Menschen. Das ist auch ein Teil davon, dass wir in uns gucken.
Ich habe einmal zu ihr gefragt: Was tue ich mit dieser ganze Dummheit, die mir begegnet? Auch mit den Ämtern und auch mit der Arbeit. Also manchmal diese Dummheit. Ich komme echt nicht klar. Sie guckte mich lächelnd an und sagte: Wie begegnest du deine eigene Dummheit? (Marco schmunzelt)
01:23:41
Mirjam Rosentreter: Und was war deine Antwort? Zumindest im Kopf?
Anne Kirkham: Meine Antwort war: Ja, ne? (schmunzelt) Also, wir haben alle Ignoranzen in unserem Köpfen.
01:23:52
Marco Tiede: Jaja, klar.
Mirjam Rosentreter: Also hast du dann die Perspektive plötzlich von Leuten, über die du dich gerade noch aufgeregt hast, ein bisschen mehr eingenommen oder?
Anne Kirkham: Ja. Ja, mehr Mitgefühl für die andere Person. Und auch zu erkennen, dass Gier, Hass und Verblendung in uns alle sind. Und dass die ganze Welt rennt, schreien nach Gier, Hass und Verblendung. Also explizit jetzt Hass, aber auch Gier, aber auch Verblendung.
Marco Tiede: Alles, ja.
Anne Kirkham: Aber mindestens, wenn dir das bekannt ist, kannst du dich ein bisschen befreien. Und das ist also… Ich bin absolut der rationale, intellektuelle Mensch. Also ich möchte Wissenschaft sehen und hören. Ich möchte Beweise. Ich möchte das! Ich weiß, wie Wissenschaftsthesen funktionieren, Hypothesen funktionieren. Aber trotzdem habe ich ein Glauben. Nicht nur so Achtsamkeit, sondern rechte Achtsamkeit: Ethisch mit mir selbst umzugehen, mit anderen Leuten umzugehen.
01:24:47
Marco Tiede: Ja. Also diese Betrachtung der Lehre des Buddhismus ist ja dann so ein kognitiver Vorgang. Der dich sozusagen auch wieder stückweit, könnte man sagen, zentriert oder reguliert. Und das andere ist ja die achtsame Praxis. Also dieses Meditieren, dieses Im-Hier-und-Jetzt-Sein. Dinge zu tun, die ich auch gerade jetzt hier tue. Und nicht an demnächst denke und so weiter.
Anne Kirkham: Ja, aber das hat mir gekostet. Weil, so in allgemeiner Sprache wird immer über Achtsamkeit geredet. Aber so ein Scharfschütze ist auch achtsam. Oder ein Raubtier ist auch achtsam. Und das ist aber nicht rechte Achtsamkeit. Und ich habe dann wirklich versucht und dann noch mehr wahrgenommen, noch mehr und auch der Vögel und auch dieses. Und das ist für mich nicht gut. Für andere Leute ist es vielleicht gut, mehr wahrzunehmen. Aber für mich ist es wirklich so. Wir hatten das in dem Retreat im Dezember, dass nicht wie auf dem Seiltanzseil zu tanzen im Hier und Jetzt, sondern auf dem Pferd zu reiten.
Marco Tiede: Ja.
Anne Kirkham: Ne?Also, wirklich….
Marco Tiede: Auch die Balance halten. Vielleicht trifft es dann auch eher, mit dem Bild auf dem Pferd zu reiten: Meine Balance auch innen zu halten, meine innere Balance zu halten.
Anne Kirkham: Ja, genau.
Marco Tiede: Weil, ich glaube, das ist vielleicht auch das… Weil wenn du jetzt diese Facetten von Achtsamkeit auch machst, da würde ich dann auch schon denken: Oh nee! Ich will jetzt nicht die Achtsamkeit eines Scharfschützen haben. Sondern ich will die Achtsamkeit für meine innere Balance haben und für das, was ich hier und jetzt tue.
Anne Kirkham: Ja, genau. Und mit liebender Güte für alle Wesen.
Marco Tiede: Auch das.
Anne Kirkham: Inklusive dich selbst.
Marco Tiede: Das sowieso, ja. Das ist ja dann nochmal die, ich sag mal, die Vertiefung der Achtsamkeit in diese Meta-Perspektive. Also in der liebenden Güte oder dem Mitgefühl.
Anne Kirkham: Kein Lebewesen was antun. Kein Lebewesen verletzen, auch nicht in kleinster Weise. Wenn wir das vermeiden können. Auch uns selbst. Und meine Übung für dieses Jahr war die rechte Rede – eine von den Wegen, also, es gibt acht Übungen. Um wirklich die rechte Rede und Sprache heilsam zu verwenden. Ich achte darauf, wieder Achtsamkeit auf die Rede, das niemand zu beleidigen und nicht zu tratschen.
01:27:02
Marco Tiede: Da sind wir dann wieder, bei der rechten Rede: achtsame Sprache würde ich sagen. Aber dann auch wieder, was ich auch gerne immer wieder in Fortbildungen vermittle. Da nenne ich es dann autismusfreundliche Kommunikation. Aber eigentlich geht es um achtsame Sprache, geht darum: Wisse was du sagst und sage es eindeutig und klar.
Anne Kirkham: Sag was du meinst, mein was du sagst. Und das ist für mich auch so meine Regeln in der Welt umzugehen, schon länger. Also, wie gesagt, ich bin für lange lange Zeit Buddhistin geworden. Und hab immer so mal mehr mal weniger praktiziert. Mein Bruder war auch Mönch eine Weile, die haben ihm freundlich rauskomplimentiert.
Marco Tiede: Oh, schade.
Anne Kirkham: Nee, nicht schade. Das war wirklich nicht für ihn geeignet. Und das ist gut so. Aber so nicht nur achtsam und nicht nur lieb, sondern das mit Ethik. Und manchmal heißt das auch Klartext reden. Und manchmal heißt das auch Grenzen setzen. Und dann sind wir wieder bei Masken und Maskieren und Traumata, dass wir nie lernen Grenzen zu setzen, also viele von uns.
01:28:12
Aber so wenn du autistisch bist, dann in einer Welt, was dich ablehnt. Dass du erstmal manchmal nicht weißt, was unten und oben ist. Und dann wieder so zurückzukommen zu: Okay, was ist mein Gefühl bei dieser Person? Wie du sagtest, so wirklich präsent zu sein. Und zu merken zum Beispiel, ob die Menschen, die mich umgehen, heilsam sind oder nicht. Ob diesen Kontakt… Nicht so, um den nicht zu bewerten. Aber, so zu sagen: So okay, was tut mir gut? Und durch diese rechte Achtsamkeit. Und durch freundlich zu mir selbst und freundlich zu anderen, dann ein bisschen… vielleicht leicht abmaskieren können? (schmunzelnd) Das ist schwer.
Aber so, guck mal: Ich bin aus dem Retreat gekommen, und am nächsten Tag habe ich mich beworben bei dieser Stelle! Und jetzt habe ich die Stelle bekommen.
01:29:05
Marco Tiede: Hmmh.
Mirjam Rosentreter: Genau darauf….
Marco Tiede: Ja, aus dieser Stärkung des, diesen Retreat bist du dann zu dieser Stelle im EUTB gekommen?
Anne Kirkham: Ja.
Marco Tiede: Und du wolltest da gerade noch mal einhaken?
Mirjam Rosentreter: Ja, ichwollte gerade darauf hinaus. Weil ich gerade dachte: Jetzt kommst du auf jeden Fall auch deinem Wunsch näher, den du mal formuliert hast. Das habe ich gefunden auf deinem Instagram-Kanal: Wir sind nicht kaputt, aber wir werden besonders hier in Deutschland benachteiligt. Aber wie alle anderen Minderheiten verdienen neurologische Minderheiten auch die gleichen Rechte. Und nur dann können wir uns verwirklichen und gesund leben.
Anne Kirkham: Genau.
Mirjam Rosentreter: Und in deinem neuen Job kannst du das ja jetzt so richtig in deinem Leben vermitteln.
01:29:41
Anne Kirkham: Also ich bin sehr, sehr glücklich darüber und freue mich sehr.
Mirjam Rosentreter: Jetzt werden dir als Teilhabeberaterin ganz viele unterschiedliche Menschen begegnen. Denen oft was auf der Seele lastet, also die wahrscheinlich mit viel emotionalem Druck da zu dir kommen. Wie willst du denen begegnen?
Anne Kirkham: Mit Liebe. Mit Gefühl, mit Offenheit, ohne Bewertung. Wirklich zu versuchen, bei dem Mensch zu sein. Also, es gibt so eine Weiterbildung oder sowas, was ich dann auch machen muss oder soll. Also freue ich mich auch. Ja. den Mensch als Mensch zu sehen. Hier ist ein Mensch. Und dieser Mensch hat vielleicht andere Probleme oder Sehvermögen oder was auch immer als ich, anderer Hintergrund. Aber, wenn wir Menschen sind, dann haben wir die Möglichkeit, auch gutmeinend und wohlwollend zu handeln. Und nicht, dass ein Mensch in Not das machen kann. Aber wenn einem Menschen in Not dieses Gefühl begegnet, hilft das diesem Mensch.
Wenn Leute das zuhören: Also nur zu, so, hilft einander! Und wenn das nur die Tür halten ist für jemanden. Oder jemanden anlächeln. Oder so jemand bedanken, das ist so auch ein ganz kleines Ding. Wenn jemand gute Arbeit macht, Handwerker oder Krankenschwester oder wer auch immer, einfach so sagen: Hey danke, das war wirklich gut. Also manchmal, wenn wir total überfordert sind und so schon beim nächsten Termin, wir vergessen das. Aber nur… Also diese Freundlichkeit. Und dieses auch Menschen nicht so bewerten oder zu beurteilen. Sondern wirklich, ja… Also, es können jede von uns in so ganz kleine Arten und Weisen.
01:31:29
Marco Tiede: Ja. Das Bewerten ganz unterlassen und einfach nur verstehen wollen.
Anne Kirkham: Oder auch, wenn wir nicht verstehen, trotzdem mit Mitgefühl und Empathie begegnen und trotzdem als vollwertige Menschen begegnen.
Mirjam Rosentreter: Und in diesem Sinne: Danke, Anne!
01:31:43
Anne Kirkham: Danke euch. Vielen Dank.
Marco Tiede: Danke, danke.
Mirjam Rosentreter: Und euch fürs Zuhören. Wir freuen uns, wenn ihr auch im nächsten Monat wieder reinhört. Und wenn ihr uns vielleicht auch live dabei zuschaut, wie wir die nächste Folge aufnehmen: Am 2. April in der Stadtbibliothek in Bremen mit Stephanie Meer-Walter. Wir würden uns freuen.
Marco Tiede: Und vielleicht noch ein kleiner Nachsatz: Vergesst das Atmen nicht. (atmet hörbar ein und aus)
Anne Kirkham: (macht mit)Tief ein, tief aus. Damit kann man sich… Also dreimal super tief einatmen, aber noch länger ausatmen. Kann man sich aus vieles Unangenehmes rausholen. Klingt so banal und das ist immer so ein Klischee, aber das stimmt auch.
Marco Tiede: Ist aber… die einfachste und grundlegendste Übung. Wenn ich einatme, weiß ich, dass ich einatme (atmet ein). Wenn ich ausatme, weiß ich, dass ich ausatme (atmet beim Sprechen aus).
Mirjam Rosentreter: Macht’s gut. Selten so entspannt aus einer Folge herausgekommen.
Anne Kirkham: Schön.Das tut mir auch gut. Danke euch.
01:32:49
Outro
Sprecher: Das war Spektrakulär – Eltern erkunden Autismus.
Mirjam: Unsere Kontaktdaten und alle Infos zu unseren Folgen findest du in den Shownotes auf unserer Seite spektrakulaer.de.
Sprecher: Der Podcast aus dem Martinsclub Bremen. Gefördert durch die Heidehof-Stiftung, die Waldemar-Koch-Stiftung und die Aktion Mensch.
Sprecherin: In Zusammenarbeit mit Selbstverständlich, der Agentur für barrierefreie Kommunikation.
Musik: (Joss Peach: Cherry On The Cake, lizensiert durch sonoton.music)
…
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